28 Weeks Later :: Die Wutprobe
Auf die Gefahr hin, wie eine kaputte Schallplatte zu klingen: Der großartige 28 Days Later war vor vier Jahren der erste Horrorfilm, der die Traute hatte, ein in komfortablem Teenie-Schrecken erstarrtes Genre in die Jetztzeit zu holen, in die gesellschaftliche Apokalypse nach 9/11, in eine aus den Fugen und in die Hände der großen Wut geratene Welt, als eine an den ersten drei DEAD-Zombiefilmen von George A. Romero orientierte Nihilismus-Moritat, in der Glückseligkeit und Untergang gerade so weit voneinander entfernt lagen wie ein unschuldiges „Hello“ von ewiger „Hell“. 55 Monate später, und die Wut ist zurück in einem Sequel, das alle Regler nach oben fährt – nicht um als Genrefilm gegen die Exzesse des neuen Splatterfilms bestehen zu können, sondern um der seit dem Originalfilm noch tiefer ins Chaos versunkenen Weltlage Rechnung zu tragen. Juan Carlos Fresnadillo, Regisseur des sträflich übersehenen Beinahe-Meisterwerks INTACTO, lässt Blut fließen wie Bäche klaren Quellwassers in einem ausgestorbenen England, das ein halbes Jahr nach dem Wüten des Rage-Virus wieder unter Kontrolle ist. Unter Kontrolle des amerikanischen Militärs, wohlgemerkt. Und was das bedeutet, wissen wir spätestens, seit die Mission im Irak vor vier Jahren für erfüllt erklärt wurde. Der politische Subtext in 28 Weeks Later ist so überdeutlich, dass er fast schon störend wirkt: Klar ist dieser Zombiefilm zwischen Postmoderne und Postapokalypse ein Kommentar zu Irak und Afghanistan, zu militärischem Größenwahn und religiösem Fundamentalismus. Das macht ihn vielleicht bedeutend. Aber es macht ihn nicht stark. Das erledigt Fresnadillos Bestreben, mit seinem inszenatorischen Furor die Untoten auf den Straßen Londons noch zu übertreffen. Jeder Biss trifft die Halsschlagader im stroboskopartigen Flackern seiner hektischen Bilder, in denen ethnische Säuberung eine völlig neue Bedeutung bekommt, wenn ein Helikopter fliehende Infizierte mit gesenktem Rotor attackiert, als mähe ein Bauer sein Feld. Vor allem aber ist es die Stille, die gottverdammte Stille nach der Raserei, die Beklemmungen verursacht: Nichts könnte schlimmer sein als das hier vermittelte Gefühl, eine ganze Gesellschaft könnte mitten in der Bewegung eingefroren sein, gelähmt und ohne Aussicht auf Besserung. When there’s no more room in hell, the dead will walk the earth. Und sie werden feststellen, dass es hier längst schlimmer ist.
Mit Jeremy Renner, Robert Carlyle, Rose Byrne u.a.
www.foxinternational.com/28weekslater
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