Deine Lakaien

20 Years Of Electronic Avantgarde

Elektronisches und Symphonisches zum 22. Geburtstag im Luxus-Box-Format. Wer sie kategorisch in die Grufti-Schublade stecken mochte, hat schon mal denkbar ungünstige Karten.

Unbequem eigensinnig bestimmen Deine Lakaien den eigenen Kurs, der in 22 Jahren vom Mainstream schlicht ignoriert, dafür aber von romantischen Schwarzkittelträgern in Lack, Leder und Latex umso mehr goutiert wird. Für eine komplette Tournee ließen sich die Amihelden aus dem Gothic-Untergrund. Vokalist Alexander Veljanov und Instrumentalist Ernst Horn, im Februar 2007 von der Neuen Philharmonie Frankfurt begleiten. Ein sakrales Experiment, das Staunen macht. Aber auch ein Ereignis, das sich wunderbar in gleich mehreren Formaten vermarkten lässt: Doppel-CD, Doppel-DVD sowie eine 5er-Luxus-Box plus Bonus-DVD. Gefilmt von zwölf Kameras in der Oberhausener Arena vor ausverkauftem Haus. Dazu eine Himer-den-Kulissen-Doku von Wim-Wenders-Schüler Marat Burnashev in der Standard-Version, aber auch im doppelt so langen Director’s Cut. Nicht zu vergessen eine üppige Videoclip-Kollektion sowie weitere Konzertmitschnitte aus diversen Karrierephasen. Mit der konzeptionellen Überarbeitung seiner auf Studioproduktionen oft recht pathetisch klingenden Songs befreit sich das nach einer Songzeile der Einstürzenden Neubauten benannte Duo aus dem Nischengruppen-Dasein. Die bewusst sparsam gehaltenen Arrangements der Symphoniker fügen den in melancholischem Moll komponierten Hymnen der Lakaien eine bislang unbekannte Dimension hinzu, ohne sie in ihrer Essenz zu beschädigen. Die befürchtete Reibung, eine dieser schrecklich erbärmlichen „Rock Meets Classic“-Chosen, wie sie seit Erstauslotung durch The Nice oder Deep Purple in den Rock-Pioniertagen alle paar Jahre immer wiederkehren, findet erfreulicherweise nicht statt. Gerade weil der eine oder andere kunstvoll zelebrierte Auszug auch Dissonanzen aufweist. Die sonst so dominante Elektronik Horns, der überwiegend als Dirigent fungiert, spielt dabei eine eher untergeordente Rolle. Und manches klingt in seiner zeitlupenhaften Opulenz wagnerianscher als beim Maestro auf dem Bayreuther Hügel. Unbestrittenes Epizentrum bleibt aber dennoch Vokalist Alexander Veljanov mit seiner seltsam steifen Motorik, die verblüffend an den Schauspieler Max Schreck in seiner Paraderolle als „Nosferatu“ aus Friedrich Wilhem Murnaus gleichnamigem Stummfilmklassiker erinnert. Geradezu majestätisch schreitet er mit kubistisch-nestartigem Frisurengeflecht inklusive überlangem Zopf umher. Beschwört mit herrlich sinistrer Mehr-Oktaven-Stimme die Verstorbenen und die Untoten. Großes Kino.

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