1000 Nadelstiche von Bernd Matheja :: Schöner fremder Sang

Die Psychopathologie des Sammelns ist ein Forschungsgebiet, dessen Gegenstand weit zurückreicht: bis lange vor die Steinzeit, als man weder Sprache sprach noch Gesang sang, keine Länder kannte und mit unvermittelt angetroffenen Fremden höchstens ein universelles „Ugh! Ugh! Ugh!“ austauschte. Heute ist die Welt eine andere: Österreichische Bienen verstehen kein Tippeln vom Schwänzeltanz schwedischer Bienen, japanische Autos heißen in Spanien „Wichser“, und die Kommunikationsprobleme zwischen englischen und deutschen Angehörigen der indogermanischen Sprachfamilie lassen sich kaum besser auf den Punkt bringen als in den Worten des großen Fredl Fesl: „Sag ich ,ich‘, sagt er ,Ei‘; sag ich ,Ei‘, sagt er ,egg‘; sag ich ,Eclc‘, sagt er,corner‘; sag ich ,/toaner‘, sagter ,nobody’…“- was herauskommt, wenn hierzuländige Popmusiker wg, „internationalem Anspruch“ sich bemüßigen, „englisch“ zu singen, ist hinlänglich bekannt. Andersrum geht das aber auch, nicht so zahlreich vielleicht, aber bei weitem zahlreich genug, um Sammler auf den Plan zu rufen. Ein solcher ist Bernd Matheija, der Berge und Stapel deutschsprachiger Platten englischsprachiger Interpreten zusammengetragen und (auch bildlich!) katalogisiert hat und uns damit einiges erspart – schließlich ist das Sammeln in sozialer, psychologischer und, glaubt man dem alten Freud, auch sexueller Hinsicht nicht ganz unbedenklich. Keinerlei Gefahr droht indes dem, der sich am Gesammelten ergötzt, von Frank Zappa („Du bist mein Sofa“) über Bowie („Lieb dich bis Dienstag“), Mike Oldfield („Don Alfonso“ mit „Gesangssolist Paul“) und Die Nordwinds („Die Gitarre und ein Pferd und die Prärie“) bis hin zu Komplettenigmen wie Steppenwolfs „Earschplittenloudenboomer“. Für Freude sorgt in erster Linie die überbordende, für die dritte Auflage wiederum immens erweiterte Fülle an Covers, Bildern und Information; seine Nachteile hat das Buch (neben der Tatsache, dass man all die Sachen natürlich sofort hören oder wenigstens die Songtexte lesen möchte und das trotz der famosen, grandiosen, unbedingt empfehlenswerten gleichnamigen CD-Reihe in den meisten Fällen nicht kann) im erzählerischen Bereich. Ein bisschen arg viel humorig-altbackene Genüsslich-Bräsigkeit erinnert schwer an die „Heiße Scheibe!“-Süffisanz des deutschen 7Oer-Iournalismus, trübt den Spaß aber nicht wirklich. >» www.bear-family.de