Anajo – Hallo, wer kennt hier eigentlich wen?

Wenn diese Kritik erscheint, wird Stefan Raabs Bundesvision Song Contest gerade eine Woche her sein. Und nach den Erfahrungen der letzten Jahre zu urteilen, werden die vorher schon bekanntesten Acts gewonnen haben [also hoffentlich Jan Delay für Hamburg, aber vielleicht auch Mia. für Berlinl. Und das für Bayern startende Gitarren-Pop-Trio Anajo aus Augsburg mit Gastsängerin Suzie Kerstgens [Klee) wird einen guten Platz im Mittelfeld belegt haben. Denn es wäre schon eine Überraschung, wenn Raab-Deutschland der Charme-Offensive der Band um Sänger Olli Gottwald vollends erliegen würde. Aber vielleicht greift mancher danach zu hallo, wer kennt hier eigentlich wen?, dem neuen Album von Anajo. Und die Chancen, dass man, von der Zärtlichkeit, Scheu und Sehnsucht und dem sanften Augenzwinkern von „Wenn du nur wüsstest“ geleitet, hiereinige neue Lieblingsliebeslieder findet, stehen nicht schlecht. Alle anderen werden den iReim-lAnarchismus einer „Honigmelone“ oder den Nachdruck und Spieldrang von „Ich hol dich hier raus“ vermissen, kommt das neue Album doch ein wenig – ja – zu nett um die Ecke. Neben dem großartigen Titellsongl sind es vor altem die selbstironischen und -referenziellen Songs, die Spaß machen, Figuren wie der mit dem Scheck winkende Plattenfirmenboss in „Mein lieber Herr Gesangsverein“ und die Beschreibung des Coolness-Drucks in einer Kleinstadt-Popszene („Stadt der Frisuren“). Einen „Ausweg“ aus der Nettigkeitsfalle hätten Anajo sogar auch, im letzten Song „Am Anfang“ wird das formstrenge Gitarre-Keyboard-Bass-Schema um ein Bläser-Trio erweitert, und plötzlich erhält der sehnsüchtige Wunsch, den Beziehungskarren nicht gleich am Anfang an die Wand zu fahren, die sonst etwas fehlende Gefühlstiefe. Mehr davon, und Anajo gewinnen in Zukunft vielleicht auch nicht bei Raab, sind aber wieder die unangefochtenen Sieger der Herzen. VÖ: 9.2.

www.anajo.de