Eric Clapton :: Live In Montreux 1986
Stowhand legt vor blueskundigem Publikum seine mittachtziger Identitätskrise mal beiseite.
Dieser Konzertmitschnitt aus den Archiven des Montreux Jazz Festivals ist in mancherlei Hinsicht ein Kuriosum. Er entstand, als der britische Stargitarrist im Sommer 1986 in neuformierter Quartettbesetzung mit dem Keyboarder Greg Phillinganes, dem Bassisten Nathan East und Phil Collins an den Drums eine Kurztournee durch Europa unternahm und dabei auch einen Abstecher an den Genfer See machte. Seltsam ander Veröffentlichung ist vor allem, dass es bereits seit langem einen Mitschnitt mit nahezu dem identischen Programm vom Konzert in Birmingham nur vier Tage später gibt (ERIC clapton & friends live 1986). Da beide DVDs keinerlei Bonusfeatures enthalten, fragt sich, wozu der geneigte Fan die Aufzeichnung aus Montreux dann noch braucht. Vielleicht weil es hier 16 statt 10 Tracks gibt. Vor allem aber war es der bessere Gig: Claptons Karriere ist über weite Teile von einem inneren Konflikt geprägt: Der Mann ist einerseits Bluesmusiker aus Überzeugung und lehnt die üblichen Pop-Showbiz-Attitüden eigentlich ab. Gleichzeitig konnte man bei ihm lange auch die Angst beobachten, den Anschluss an den Popmainstream und damit seinen Superstar-Status zu verlieren. Mitte der 80er hatte sich das zu einer wahren Identitätskrise ausgewachsen, die sich auch in den „kommerziellen“ (und schnell gealterten! Arrangements der beiden von Collins produzierten Alben BEHIND THE SUN und AUGUST widerspiegelte. Live schlug sich das gottlob weniger nieder, vor allem nicht in der Club-Atmosphäre des Montreux Festivals. Dies hier war wegen der kleineren Halle in puncto Beleuchtung und Präsentation der bei weitem weniger „produzierte“ Auftritt als der in Birmingham – also auch der weniger Eighties-Mainstream-mäßige. Es gibt ein paar dieser unseligen Kompromisse Claptons mil dem, was er damals für die Popaktualität hielt: die völlig unclaptoneske und überdies von Phillinganes schwach gesungene Single „Behind The Mask“etwa, die sich bezeichnenderweise auch nicht lange im Liverepertoire des Briten hielt; Collins darf sein „In The Air Tonight“ vortragen und gelegentlich mit einem Drumcomputer herumfuhrwerken. Aber abgesehen davon ist das hier ein schweißtreibend intensiver Streifzug durch das Clapton’sche Rock- und Bluesrepertoire, in dem erstmals nach langen Jahren auch wieder Cream-Material auftauchte und bei dem sich vier exzellente Livemusiker gegenseitig die Bälle zuspielen.
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