Monty Python – Acht Re-Releases
Man kann es so sehen wie der berühmte Sitar-Spieler George Harrison. Der vertrat nämlich die Meinung, die Komiker truppe Monty Python macht dort weitei, wo die Beatles einst aufgehört hätten. Zumindest lässt sich Folgendes behaupten: Monty Python leisteten auf dem Sektor der Komik ähnlich Bahnbrechendes wie Ringo und seine Band auf dem Gebiet des Hochseeangelns. Und so wie die Beatles mit Songs über Mädchen, Autos, gelbe Unterseeboote und Walrösser eine Weltanschauung zementierten, so schafften es die sechs Radikalen Comedy-Freibeuter, aus Sketchen über tote Papageien und die „Spanish Inquisition“ eine Sicht aufs Leben entstehen zu lassen, die einen noch heute durch die absurdesten Momente des Alltags bringen kann.
1969 öffnete der „Flying Circus“ seine Pforten, jene BBC-Sketch-Serie, die für fünf Jahre die Hauptspielwiese der Cambridge/Oxford-Absolventen John Cleese, Graham Chapman, Michael Palin, Eric Idle, Terry Jones und ihres amerikanischen Kollegen Terry Gilliam bleiben sollte. Sicher, hirnausbeulenden Humor, der sich surrealer und absurder Elemente bediente, gab es auch schon vor Monty Python. Doch die Gruppe ging einfach noch mehrere Schritte weiter. Bereits im Jahr 1970 wurde ein erstes Album (monty python’s flying circus) veröffentlicht, das die besten Sketche der ersten Serienstaffel bündelte. Die vorliegenden acht Wiederveröffentlichungen setzen jedoch erst mit dem 1971 erschienenen Nachfolgealbum ANOTHER MONTY PYTHON RECORD ein. Von nun an brachte die Gruppe ihre Alben bei Charisma Records heraus und widmete ihrem akustischen Output eine größere Sorgfalt als zuvor. Entsprechend enthält ANOTHER MONTY PYTHON RECORD 5 nicht einfach nur wie noch sein Vorgänger die weniger visuell orientierten TV-Sketche. Michael Palin, der fortan mit dem Arbeitsschwerpunkt „Tonträger“ beauftragt wurde, ergänzte stattdessen bewährtes Material und begann gezielt – ähnlich wie später in den Kinofilmen – mit dem Trägermedium zu spielen. Bereits der Albumeinstieg ist so genial wie typisch für den Metahumor der Beatlesnachfolger: Wir hören eine Entschuldigung Michael Palins. Dies sei keine Monty-Python-Platte, ein Werksfehler liege vor, tatsächlich halte man hier einen Tonträger mit norwegischen Zimmermannstanzliedern in Händen. Nach einer Pause wendet sich John Cleese an die Hörer. Er entschuldigt die vorangegangene Entschuldigung. Dies sei sehr wohl eine Monty-Python-Platte. Pseudo-norwegische Schuhplattlermusik setzt ein. „This was the Trontheim Honnedcmz… „Des Weiteren hierenhaken: die vollkommen unfähige „Spanish Inquisition“ und „Contradiction“ („Mr. Pullwater, why do you contradict people?“ – „I don’t!“).
Im Jahr 1972 folgte mit monty python’s previous record 5 das stärkste Album der „Flying Circus“-Phase. Neben dem Besten der dritten Staffel der TV-Serie und eigens für das deutsche Fernsehen produzierten Sketchen spielten die fabulösen sechs wieder einmal virtuos mit den Möglichkeiten der akustischen Humorgewinnung: „Not this record!“ hört man Terry Jones verzweifelt schreien, bevor brutal die Nadel von der Platte gerissen wird und besänftigende Fahrstuhl-Muzak einsetzt. Mehr noch als auf dem Vorgängeralbum werden hier – ähnlich wie in der Fernsehserie die Einzelepisoden miteinander verwoben. Jede Nebensächlichkeit kann die Tür in ein neues Gag-Zimmer öffnen. Der Effekt ist revolutionär und nicht zu unterschätzen: Durch die Verweigerung von klassischen Pointen und die stream-of-consciousness-arrige Herangehensweise an die Komik mag manches auf diesem Album oberflächlich betrachtet „abgefahren“ wirken – tatsächlich reflektiert genau d ieser Ansatz die Absurdität und den Irrsinn der alltäglichen Lebenswillkür. Unter anderem findet sich auf monty python’s previous RECORD der Kursus „Are you embarrassed easily?“, der etliche Peinlichkeitssimulationen bereithält, John Cleese als redseliger Kostümschinken-Räuber Denis Moore, der selbst jemanden wie Eddie Argos in seine Plauderschranken verweist, alles Wissenswerte zum Thema „Fisch-Lizenzen“ und den genialen, fast kafkaesken „Argument“-Sketch. Das nächste Album matchingtie AND HANDKERCHIEF 5 setzt das auf den Vorgängeralben bewährte Prinzip fort, bevor die erste Monty-Python-Phase mit dem Live-Album live at drury lane 4 abgeschlossen wird.
Nachdem John Cleese, der John Lennon Monty Pythons, die Gruppe zwischenzeitlich verlassen hatte, arbeitete man 1974 für den ersten Kinofilm wieder zusammen. Das dazugehörige Album THE album of the Soundtrack OF THE TRAILER OF THE FILM OF MONTY PY-THON and the holygrail eröffnet im Jahr 1975 die Zweitverwertung der Python-Filme. Allerdings handelt es sich bei holygrail5 nicht um einen handelsüblichen Soundtrack; fast die Hälfte des Albums besteht – ähnlich wie bei den „Flying Circus“-Platten – aus zusätzlich produziertem Material, der Rest setzt sich aus den Höhepunkten des Films zusammen. Anders verhält es sich bei LIFEOF BRIAN 4 , der Platte zur wohl bekanntesten Arbeit der Blödelbeatles; hier besteht fast das komplette begleitende Album aus den Höhepunkten des Films und enthält den beliebten Abi-Party-Schunkler „Always Look On The Bright Side Of Life“.
Das nächste Album, monty python’s contractual Obligation album 4 , spielt im Titel recht offensiv mit den Umständen, unter denen die Platte entstanden ist. Die Gruppe arbeitete nicht mehr so eng zusammen wie früher, und bis zum nächsten, die Kräfte bündelnden Filmprojekt solle es noch eine Weile dauern. So finden sich auf der Platte jede Menge Songs, die sich bereits auf anderen Veröffentlichungen der Stones-Konkurrenten getummelt hatten.Tatsächlich ist dies die Musik-lastigste Monty-Python-Platte – doch es sind großartige, unverzichtbare Evergreens des fragwürdigen Geschmacks, die sich hierauf versammeln. Enthalten sind unter anderem solch lebensqualitätssteigernde Lieder wie „Never Be Rüde To An Arab“ {„Neuer haue für} with a nigger… „)und „I Like Chinese“ („They only come up to yourknees“). So weit hat nie wieder jemand das Boot auf den weiten Lieder-Ozean hinausgeschoben.
Das existenzialistische Meisterwerk THE MEANING OF LIFE 5 setzte im Jahr 1983 die Soundtrack-Tradition Monty Pythons fort; Songs und Sprechtexte halten sich auf diesem Album die Waage, wobei Michael Palin und Terry Gilliam mit neu hinzugefügten Sprachaufnahmen helfen, die akustischen Lücken zu stopfen. Der Film war das letzte Projekt, an dem alle sechs Pythons beteiligt waren. Im Jahr 1989 verstarb Graham Chapman an Krebs. Die vorliegenden Wiederveröffentlichungen, die mit reichlich Bonusmaterial ausgestattet sind, dokumentieren die Sternstunden dieser größten Komikertruppe aller Zeiten. Alles in allem ein unverzichtbarer Infektionsherd daseinskritischer Betrachtungen. Und lustiger als das Meiste von den Beatles.
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