Ray – Daylight In The Darkroom

Das zweite Album der Band aus London klingt tatsächlich nach der Nacht. Nach Loslassen. Festhalten, Schweiß, Hitze. Nach schwüler, träger Sommerluft und nach grellem Licht, das die Augen blendet und die Dunkelheit in Stücke reißt. Episch geht es zu, hier wird geschwelgt und geträumt und nicht auf das Tempo geschaut: In mitunter hypnotisch-langsamen Songs spinnt Mark Bradford sparsam einen filigranen Gitarrenteppich, einen Wall Of Sound aus unzähligen einzelnen Tönen, die lange nachhallen und nach dem Abklingen noch spürbar sind und einen Raum öffnen, der groß ist und schwarz und stickig heiß und schattig gleichzeitig. Dann meistens singt er. Nev Bradford (der Bruder des Gitarristen), aber manchmal schweigt er dann auch, und man hört im Hintergrund immer noch irgendwo zischelnd das Becken, das vor einer gefühlten Ewigkeit angeschlagen wurde, spürt im Bauch noch den Bass und wartet auf den Sturm oder zumindest einen leisen Windhauch, weil es kaum auszuhalten ist, dass die Luft so dermaßen steht. Wenn Nev Bradford dann singt, erinnert das an Neil Hannon und an Chris Martin, der erwachsen geworden ist. Und wenn diese sonore, gehaltvolle Stimme vom Mondlicht und der Mitternacht und der human race und blinden Engeln und dem Tod erzählt – spätestens dann werden die Songs zu kleinen Hymnen, jede einzelne von ihnen düster und schwer, heiß und stickig, den Hörer mit bleiernen Melodien umschlingend. Und dann blitzt es plötzlich grell – jemand hat die Gitarre kräftiger angeschlagen, ein wenig fester auf das Schlagzeug gehauen und den Darkroom für einen kurzen Augenblick taghell erleuchtet. Wir blinzeln.