Depeche Mode :: Touring The Angel: Live In Milan
Es gibt Momente, da reibt man sich ungläubig die Augen: Ist das nicht Neil Tennant von den Pet Shop Boys? Etwa, wenn Martin Gore mit Gockelmütze, schwarzen Engelsflügeln und Glitzer-Make-up vordem Mikro steht und ein derart pathetisches „Home“ schmettert, dass es fast als Parodie durchgeht. Da sind Depeche Mode auf offenkundigem Vegas-Kurs. Eine Institution, die eine Spur zu dick aufträgt und ins Sleazige abdriftet. Auch Dave Gahan hat mit elegantem Anzug und ungepflegtem Dreitagebart etwas von einem halbseidenen Showman. Wie überhaupt die gesamte Band erschreckend alt und verlebt wirkt – mit aufgedunsenen, zerfurchten Gesichtern, die keinen Zweifel daran lassen, dass hier gestandene Familienväter am Werk sind, die nur alle Jubeljahre auf Tour gehen, wenn ihnen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. Und die dabei so erfolgreich sind wie nie zuvor in ihrer 25-jährigen Karriere. Zu den europäischen Gigs strömten 2005/2006 über S00.000 Zuschauer. Und die bekamen, wie an diesem iS. Februar im Mailänder „Fila Forum“, was sie erwarteten: eine High-Tech-Show mit atmosphärischem Licht, glasklarem Sound, riesigen Video-Screens und futuristischen Keyboard-Podesten, auf denen Fletcher und Gore ihre berüchtigten Ein-Finger-Partituren intonierten. Dazuein immer noch drahtiger Frontmann, der schon nach dem zweiten Song seinen tätowierten Astralkörper zur Schau stellt, sowie ein Set, das nahezu das komplette neue Album enthält. Nicht umsonst steht die Konzertreise unter dem Motto touring THE ANGEL-da soll keiner zu viele olle Kamellen erwarten, obwohl die mit „A Question OfTime“, „I Feel You“, „Personal Jesus“, „EverythingCounts“ oder „Never Let Me Down Again“ immet noch die Hälfte des zweistündigen Programms ausmachen. Allerdings tendiert das Trio dazu, die Klassiker in ein ähnliches Lounge-Korsett zu stecken wie die Neuzugänge. Was bei „Policy Of Truth“ ziemlich gewöhnungsbedürftig, weil glatt anmutet. Das gilt auch für das Bonus-Material: eine zusätzliche Audio-CD (acht Live-Titel in 30 Minuten) und eine zweite DVD, die einen Auszug aus der Düsseldorfer Pressekonferenz (Sommer 05), eine überflüssige Tour-Doku von Anton Corbijn sowie die Videoscreen-Bilder zu fünf Live-Songs enthält. Das schaut man sich einmal an, dann landet das Package im Regal. Gleich neben 101 live und ONE NIGHT IN PARIS. In vier Jahren kommt ein weiterer Pappschuber dazu. Wetten?
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