Ultravox – Ultravox! Ha! Ha! Ha! System Of Romance
Wenn uns Olli Geissen auf RTL die drögen 80er mal wieder als Jahrhundert-Jahrzehnt verkaufen möchte, bemüht er als schmucken Hintergrund gerne kitschigen Synthie-Pomp ä la „Vienna“. Unverständlichweise wissen weder der Moderator noch seine neunmalklugen Studiogäste, dass dervon Ex-Slik-Sänger Midge Ure sentimental veräußerte Kitsch aus jener Periode von Ultravox stammt, als das britische Quintett den Frontmann und seine einst innovative Ausrichtung zum Mainstream korrigiert hatte. Als Beweis seien jene drei seit Jahren gestrichenen, nun mit Bonustracks wiederveröffentlichten Alben empfohlen, von denen die eingeschworene Ure-Fangemeinde wegen zu erwartender Punk-Dissonanzen reftexartig die Finger lässt. Als bösartige Neffen von Roxy Music und The Velvet Underground begann die 1974 im Londoner College-Zirkel gegründete Band die Profikarriere in der Punk-Stunde null. Das Debüt ultravox! von Brian Eno und Steve LiUywhite produziert, kombiniert knackig-schnörkellos drei Dekaden Brit-Rock im Drei-Akkorde-Wahn. Signifikant der Opener „Saturday Night In The City Of The Dead“, der die gleiche rohe Energie mobilisiert, wie sie die blutjungen Stones in „Come On“ raushauten.“.Slip Away“ funktioniert als zickige High-School-Persiflage, „I Want To Be A Machine“ parodiert Bowies poetische Englishness um Ziggy Stardust, und „Wide Boys“ tobt sich als Elektro-Rock-Hybride die Seele aus dem Leib. Nicht nur wegen Billy Curries schräger Viola erinnert „The Wild, The Beautiful And The Damned“ an die Velvets. Das balladeske „My Sex“ müsste mit harschen Lippenbekenntnissen eigentlich als „My Generation der New-WaveÄra in den Rock-Annalen eingehen, doch im 25. Krönungsjahr von Königin 1977 verdarb der Durchschnitts-Punk lieber Elisabeth II. das Jubiläum mit „Anarchy In The UK“. Mit gleicher Intensität transportiert der Zweitling ha! ha! ha! 4,5 nihilistische Botschaften: „Rock Wrok“ klingt wie in der Gummizelle nach einer Dosis Elektroschock eingespielt, während „Fear In The Western World“ die Absurdität der Welt in Turbogeschwindigkeit erklärt. Das morbid-zärtliche „Hiroshima Mon Amour“ und das hypnotische „The Man Who Dies Every Day“ beweisen, dass Ultravox Mark imstande waren, intelligenten Pop für vordere Chartsränge zu inszenieren. Foxx Testament SYSTEM of romance fabuliert nicht nur im Titel über den Club-Trend New Romantics: Von Conny Plank und Dave Hutchins in Köln in Szene gesetzt, dominieren nun wabernde Sequenzer-Läufe den new-wavigen Rock. Zwar ist eine starke Kommerzialisierung des Repertoires nicht überhören – doch Hymnen wie „Slow Motion“, „I Can’t Stay Lang“ und „Just For The Moment“ sind noch immer Lichtjahre vom öden „Dancing With Tears In My Eyes“-Kitsch entfernt.
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