Faust :: Faust IV Virgin/EMI

Richard Branson, Selfmade-Millionär, Labelchef. Fluglinieneigner und Weltumsegler, trat Anfang der 70er Jahre in Großbritannien eine Welle los, die den Lauf nicht nur der britischen Pophistorie verändern sollte: Erfolgreich gestartet mit eigener Ladenkette und Mike Oldfields Multiplatinseller tubular bells auf seinem Label Virgin, zog sich der pfiffige Manager eine in Deutschland leidlich erfolgreiche Band an Land: Faust. Zwei Alben waren zuvor unter der Ägide des Journalisten Uwe Nettelbeck in ländlicher Kommune im nordischen Wümme für die deutsche Polydor entstanden. Der Umzug nach England erfolgte parallel zur Veröffentlichung der legendären THE Faust tapes, einem Sammelsurium aus noch in Deutschland entstandenen Archivaufnahmen, das zum Dumpingpreis von 49 Pence in britischen Plattenläden zu haben war. Nach einer vielbeachteten Session für John Peels BBC-Radtoshow entwickelten die Neu-Briten im Virgin-eigenen Studio The Manor schließlich FAUST iv. Was sich schon auf dem regulären Zweitling so far andeutete, setzten Günther Wüsthoff [Saxofon. Synthesizerl, Rudolf Sossna (Gitarre, Keyboards], Hans-Joachim Irmler (Orgel], Jean-Herve Peron (Baßl sowie Schlagzeuger Zappi Diermaier konsequent fort: Die elektronische Anarchie, das kreative Tohuwabohu und die mitunter kruden Vokalexperimente des Debüts faust [1971] wichen formal deutlich klarer strukturierten und wesentlich eingängigeren Songkonzepten. Von leicht ins Ohr gehendem Fünf-Uhr-Tee-und-Bisquit-Geplänkel ist das Quintett dennoch Lichtjahre entfernt. Die zum Stilmittel erhobene Schrägheit, das bekifft-kuriose und der unbedingte Wille zum Experiment lugen aus allen 17 Tracks des in der Re-Edition in sattem Doppel-CD-Format mit Alternativ-Versionen und Peel-Sessions aufgelegten Klassikers. Elektronisch schäumender „Krautrock“ taumelt um Free-Style-Jazz-Sequenzen, verspielte Karibik-Adaptionen treffen auf buntschillernden Flower-Power-Sound, seltsamer Westcoast-Neo-Folk liefert sich Klimmzüge mit monotonem Garagen-Punk. In seiner kompromißlosen Originalität baut FAUST IV nicht nur nahtlos Schnittstellen zu Cans soon over babaluma. HarmoniasDE luxe, Kraftwerks Autobahn, Clusters ZUCKERZEIT, neu! 75 und dem La-Düsseldorf-Debüt. sondern nimmt auch zukünftige Entwicklungen von David Bowie bis Brian Eno, von Public Image Ltd. bis Pop Group, von Magazine bis John Foxx‘ Ultravox vorweg.

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