The Hidden Cameras :: Awoo Rough Trade/Sanctuary/Rough Trade

„Das ist unser Sex Death Cult Album“, sagt Joel Gibb. Und wer Joel Gibb, den sonderlich begabten Songwriter und genialen Bandleader der Hidden Cameras, schon einmal gesprochen hat, weiß, daß er kein Mann für markige Worte ist. Versuchen wir es also mal: Wenn THE SMELL OF OUR OWN das ultrarasante, weltbewegende, aufbrausende, jubilierende, verwirrende Debüt war, in dem Joel Gibb die Freuden schwuler Kultur mit seinen Glokkenspiel-Sinfonikern feierte, steht das dritte Hidden-Cameras-Album awoo wie eine auf Großleinwand übertragene Zeichenerklärung aus dem Kosmos der Cameras dahinter – Ich und Ich und die Wirklichkeit im Namen von Liebe, Religion und Spiritualität. Daß Joel Gibb auch dazu wieder die Sounds gefunden hat, die einen vitaminhaltigen Kontext für die Bilder und Gedanken bieten, gehört zu den ersten Entdeckungen auf der Platte. Es gibt eine Idee von Rock’n’Roll, die über diesen neuen Songs schwebt, die wieder federleicht sind und herrlich geschwungene Kurven ins Firmament kratzen. Songs, die so schwärmerisch sind, daß man einfach nur mittun, mitschrammeln und in den Chor einstimmen möchte. Was haben wir uns unter Rock’n’Roll in diesem Kasus vorzustellen? Sicher mehr Roy Orbison lOrchester und Drama] als Elvis (Gitarre und Mama), sicher eine Superlitepunknumrner wie „Lollipop“, die zu einer anderen Zeit in einem anderen Leben ein Techno-Hit geworden wäre. Jetzt aber gerade nur eins ist: Hymne. Vielleicht wippe ich schon so aufgeregt mit den Füßen, weil das Album mit einem Hochgeschwindigkeitstwang loslegt und der ganze Verein sofort in einer Woge von Melodie ersäuft. „Death Of A Tune“ heißt das Stück: „If we abstain forever/We can start the love / it’s the same in heaven/As they fall apart / The mind recovers / The soul is lost /The body’s my brother“. Der Rock’n’Roll sucht sich auch seine Verschnaufpausen, gut verteilt über das Album hat Joel Gibb die Hidden-Cameras-Balladen („Fee Fie“, „Heaven Turns To“ mit ihren Pizzicato-Strings und kleinen Violinen-Arrangements verteilt. Die Platte führt nichts im Titel, was schon festgeschrieben wäre. AWOO ist Sound und Frage, awoo ist der Mond, den du in einen Bauzaun sägst, damit du für dich den Himmel entdecken kannst. Joel Gibb kann nun durch das Loch gucken:

„Im in heaven/Lonely heaven/When I turn to these / I turn to thee“. Das Album haben die Hidden Cameras noch in Toronto aufgenommen, heute schaut Joel Gibb vielleicht gerade in den Himmel über Bertin. Er lebt zur Zeit in der Hauptstadt der Deutschen. VÖ:4.8.

www.thehiddencameras.com