Senor Coconut And His Orchestra – Yellow Fever

Vom guten Leben wird man ja noch träumen dürfen. Uwe Schmidt hat es: Das gute Leben ohne Kahn-Krise, Große Koalition und Gesundheitssteuer. Uwe Schmidt macht da unten in Chile auch wirklich einen sehr guten Job. Dazu gehört tolle Musiker treffen, den Electrolatino erfinden und als Alias durch die ganze Welt reisen, Yellow Fever heißt das neue Album des berühmtesten Sohnes der Frankfurter Elektro-Szene der frühen 90er Jahre, Serior Coconut steht wieder mal auf dem Plattencover: Uwe Schmidt interpretiert zehn Stücke der japanischen Techno-Pop-Pioniere Yellow Magic Orchestra im nachgebauten Salsa-, Merengue- und Cha-Cha-Cha-Sound und stellt zehn kurze Skizzen aus der Welt der elektronischen Verfremdungen dazu, Yellow Fever ist sowas wie das Exotica-Pendant zum Kraftwerk-Cover-Album El Baile Aleman vor sechs Jahren. Es ist nicht Retro, nicht Akusto. nicht Elektro, nicht Latino, es sind elegante Verschachtelungen am Computer und an „richtigen“ Instrumenten, gespielt von vermutlich leibhaftigen Menschen. Mehrfach gebrochen, enttarnt, erneuert, bis keiner mehr weiß, was es ist. Das soll unbedingt so bleiben. So experimentierfreudige Kollegen wie Towa Tei, Marina von Nouvelle Vague, Akufen. SchneiderTM, Mouse On Mars und die drei Original-Mitglieder des Yellow Magic Orchestra verleihen dieser Veranstaltung die letzten verfügbaren Leuchtfarben des Fake-Beat. Und der venezolanische Super-Crooner Argenis Brito singt wie Paul McCartney und Harry Belafonte im sprudelnden Kochtopf. Hier geht’s immerzu um den kulturellen Filter, der den Aufnahmen vorgeschoben wird. Beispiel: „Firecracker“ ist ein Song von Tiki-Orchester-Legende Martin Denny, der dann vom Yello Magic Orchestra neu eingespielt wurde. Jetzt covert Schmidt das Cover und führt es dabei zu Martin Denny zurück, zu einer Computer-Simulation dessen, was im Reich der Einsen und Nullen unter „Exotica“ zu verstehen ist. Das ist das große Pfund des Senor Coconut, er bringt den Maschinen den Swing bei. Meinem Sohn Alek (3) gefiel Senor Coconuts „Autobahn“ gleich viel besser als das Original von Kraftwerk. „Komm tanzen, Papa!“ So ist das mit dem Yellow Magic Orchestra auch: Die Originale vermißt nach dieser Platte kein Mensch mehr. Hauptsache, sie stehen im Regal, der Tanzboden gehört Senor Schmidt & seiner Combo.

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