Mediengruppe Telekommander – Näher am Menschen

Man kann mit einigem Recht behaupten, daß die ganze kraft einer Kultur 2004 die wichtigste deutschsprachige Pop-Platte seit den 90er Jahren war. Die krude Melange aus Elektro, HipHop und Punk, mit der Gerald Mandl und Florian Zwietnig Politagitation und Dancefloor, Disco und Nonsenslyrik auf einen Nenner brachten, stellte, textlich wie musikalisch, den ersten genuin neuen Ansatz in Popdeutschland seit sehr, sehr langer Zeit dar. An der gleichen Front waren noch Von Spar, Die Türen und Das Bierbeben tätig, aber das Standardwerk zum Zeitgeist kam von der Mediengruppe Telekommander. Die offene Frage, ob aus den beiden womöglich noch Die Goldenen Zitronen dieses Jahrzehnts werden, beantwortet das zweite Album näher am menschen nun mit einem klaren: mal sehen. Es beginnt autoreferentiell mit „Bild dir deine Meinung“, einer plärrigen Lästerei über Mißverstandnisse, Vorurteile und Gerüchte rund um die Mediengruppe Telekommander, eine Litanei der Peinlichkeiten oberflächlicher Poprezeption – letztlich aber 50 irrelevant wie jede selbstbezügliche Kollegenschelte im HipHop. „Sprengkörper“. „Loft oder Liebe“, „Ein kleiner Widerstand“ hangeln sich in der Folge etwas rat- und einfallslos durch die patentierten Elektro- und Gitarrenversatzstücke wie per Copy and Paste zusammengesetzt, zwischen Chemical-Brothers-Bässen und wenig originellen Popzitaten klaffen arge Lücken. Die Instant-MTK-Formel funktioniert, kann aber eins nicht künstlich generieren: den revolutionären Wahnwitz, der auf die ganze kraft einer Kultur so lichterloh brannte. Stücke wie „Gekleckert‘ spielen wieder sehr reizvoll mit Sloganizing und Kick-Ass-Attitüde. nur klingt vieles, das nach wie vor rechtschaffen Spaß bringt, aus den Fingern gesogen. Vor zwei Jahren ist die Mediengruppe einfach passiert. Diesmal hat sie gearbeitet. Naja: „Jedem sein Disco-Fiasko.“

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