The Dresden Dolls – Yes, Virginia

Da ist es wieder, das Piano. Amanda Palmer greift leidenschaftlich in die Tasten, wie es Rachmaninow, Tori Arnos oder Ben Folds taten oder tun. Gleichzeitig singt sie mit der Exaltiertheit von Patti Smith und Siouxsie Sioux. Begleitet wird Palmer nur von Schlagzeuger Brian Viglione. Eine ungewöhnliche Paarung, die auf dem zweiten Album der Dresden Dolls wieder spannende Momente erzeugt. In einer weniger von Formaten und Schubladen beherrschten Musikwelt wäre ein Song wie „Backstabber“ der absolute Hit. Doch diese Einschränkungen existieren nun einmal, deshalb werden sich die Dresden Dolls mit ihrem Hang zu Kabarettmusik der 20er Jahre wohl wieder in der Nische ein nisten. Immerhin: Unter der Regie von Sean Slade und Paul Q. Kolderie, Bostons bewährtem College-Rock-Produzententeam, gibt sich das Duo nun selbstbewußter. „The girls are crying, the boys are masturbating, that’s the way it is in Minnesota“, weiß Palmer zu berichten. Andere Songs drehen sich um Geschlechterwechsel, den ersten Orgasmus und einfach um schmutzige Geschäfte. Die Lust am Laster ist nicht zu überhören und nimmt der Musik auch den letzten Konservatoriumscharakter. Ob man sich deshalb gleich zu einer fiktiven Story hinreißen lassen muß, in der es unter anderem um die Leugnung von Hitler und dem Holocaust geht („Mrs. O“), ist allerdings äußerst fragwürdig. Womöglich sehen sich die Dresden Dolls angesichts ihres Bandnamens zu solchen Kapriolen genötigt, doch sie täten besser daran, diese zu unterlassen. Ihre Songs sind so schon aufregend und ungewöhnlich genug.

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