Boris

Ein kleines großes Buchlein mit großen kleinen Geschichten.

Junge deutsche Autorinnen schreiben seit Jahren mit einem Stein um den Hals: Tun sie, was Agenten und Verleger verlangen, murrt unweigerlich der Leser, weil er nicht noch eine Judith Hermann will; tun sie es nicht, winken Agenten und Verleger gleich ab. Friederike Trudzinski, deren Geschichten mancher von jetzt.de kennen mag. wagt so eine Art Seiltanz: Auch in ihren Geschichten geht es um scheinbar unscheinbare junge Menschen, die nicht viel tun außer leben und träumen. Das aber tun sie auf 50 melancholische, vielfältige, charmante und bisweilen regelrecht lyrische Weise, daß man sofort spürt: Dahinter steckt mehr als das übliche Getue. Da lauern Tiefen und Weiten und viel mehr als gängige Gefühlssurrogate und modische Ennui-Momente. Es geht um das Erwachsenwerden, die Liebe, Jungs in Bands, Freunde. Eltern, Großeltern, und obwohl die Geschichten kurz sind, spannt sich ihr Bogen beim Erinnern weiter, als man liest. Das liegt auch an der Sprache, diesem erstaunlich souveränen, schwebenden und zugleich handfesten Ton. der unmittelbar direkt wirkt, als erzählte da jemand einfach 50. hinter dem aber ein gehöriges Maß an Begabung. Feinsinn und Geschick im Umgang mit beidem steckt; noch ausbaufähig, aber schon konkreter als bei fast allen, auf die die Agenten und Verleger derzeit setzen. Einziger Nachteil des erfreulichen Büchleins: Es ist viel zu dünn. Mehr bitte bald.

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