„Interessieren Sie sich für Sexualität?“

Der ehedemige Neuss-Ghostwriter, immernochige Konkret-Tagebüchler und Fahrradflüsterer Tomayer ist eine Totalität, ein Heiliger. Aufs Papier wollte die Essenz seiner singulären Schicksalsnichtergebenheit nur, um anschließend von „Hotte“ (H. T) höchstpersönlich eintrittgezahlthabenden Leuten mit brüchig-eindringlicher Stimme entgegengeschmettert zu werden, daß es spritzt wie beim Rampensauschlachten. Diese Stimme nämlich ist neben dem Endreim Tomayers zweites großes Instrument. Und mit allem Recht dieser Welt ist ein kolossaler Abriß seines Schaffens nun auf CD versammelt. Es fehlen weder „Mein Freund im Alter (Der Lifta-Treppenlift)“, „Der Bänker und die Kanzlerswitwe“, „SOS Fellatio“ noch vademecale Vierzeiler wie: „Wollen Hunde/Ewig leben/ So liegen sie, wollend dies/Voll daneben“ und: „Nur der verdient Erwähnung/In der Heiligen Schrift/Der am Urinal mit seinem Sputum /Seinen Harnstrahl trifft.“ Und es fehlt nicht „Tomayers Kleine Fahrraddiebhalsgerichtsordnung“, die, ginge es nach mir, jedem Fahrraddieb kalligraphisch auf den Rücken tätowiert gehörte: „Ja, schlimmer als Kleinkinderficken, Robbenbabyentkleiden und Hostienbespein / Ist das Fahrradeigentümer-Fahrrad-Entzwein.“ Wo vieles andere auf dem „Hörbuchsektor“ unter passiver, ja oft genug aktiver Sterbehilfe zu verbuchen wäre, ist Tomayers Schaffen allein der Lebenshilfe verpflichtet; wo anderen, vor allem dem ubiquitaren Comedy-Geseich, der Arsch sperrangelweit offensteht, ist’s bei ihm das Herz. Wer hier, flankiert von heiligem Zorn, nicht lachen und weinen kann, ist unrettbar doof. Und abgrundtief böse.