Cream :: Royal Albert Hall
Rock im Alter. Seniorenbonus gibt’s nicht.
Eric Clapton muss ein netter Mensch sein. Er braucht sicher kein Geld mehr, aber da bei Ginger Baker und Jack Bruce die Tantiemen nicht gar so prachtvoll fließen, stand er dem Comeback im Mai diesen Jahres nicht im Wege. Und so machten Cream dort weiter, wo sie 1968 aufhörten: in der Londoner Royal Albert Hall, vier Abende lang und vor jeweils ausverkauftem Haus. Das bedeutet eines: Es besteht Nachfrage nach der Reunion alter Helden. Wer an gleichem Ort wie vor 37 Jahren ein Best-Of-Repertoire präsentiert, muß sich allerdings gefallen lassen, daß die aktuelle Show mit der damaligen verglichen wird. Seniorenbonus gibt’s nicht. Also: Was früher rockte, swingt heute fast westcoastmäßig, was einst furios improvisiert wurde, klingt heute gediegen, und die drei Herren bleiben stets unterhalb des 1968 festgesetzten Tempolimits. Ohne den emotionalen Aspekt schmälern zu wollen, der die Konzertgänger sicherlich berührte („wow, ich habe Cream in Ongmalbesetzung gesehen“): Royal Albert Hall ist eine bedingt temperamentvolle Veranstaltung. Improvisierter Bluesrock ist dann gut. wenn bei aller Virtuosität Raum für Exzesse bleibt, fürs Überraschende und Feurige. Doch während Cream früher auch mal Risiko gingen und Verspieler mit einplanten, herrscht heute Disziplin und Langeweile. Vielleicht ist das unfair und treibt Clapton-Verehrern die Zornesröte ins Gesicht: Aber mal ehrlich – hatte Hendrix nicht im kleinen Zeh mehr Rock’n’Roll als E.C. noch heute in allen zehn Fingern hat? Seme Soli sind geschmackvolle Tonkaskaden ohne den leisesten Anflug von Wildheit. Nur: Rock’n’Roll hat viel mit Wildheit zu tun. Und wenig mit gutem Geschmack.
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