The Singles
So bescheuert der Bandname Arctic Monkeys auch sein mag, bitte merken, denn er konnte noch nützlich sein in den nächsten Monaten. „I Bet You Look Good On The Dancefloor“ (Domino/Rough Trade) heißt die erste Single der Band aus Leeds, mit der sie dich erst anfixt, bevor sie dich dann Anfang 2006 mit ihrem ersten (wahrscheinlich sensationellen) Album so richtig fertigmacht. Das ist punky, funky Pub-Rock, der irgendwie mehr mit den 70ern als mit den 80ern zu schaffen hat, zumindest gibt’s hier ein paar hübsche gniedelige Gitarrensoli, die darauf hindeuten, daß die Arctic Monkeys richtig spielen können.
Ein kleines, aber nicht uncharmanles Merkmal der Singles von Art Brut geht so: Die Songs unterscheiden sich von den Albumversionen. Wir nennen das dann eine „echte“ Single. Das ist gut und auch auf „Good Weekend“ (Fierce Panda – UK-Import) so. Dazu gibt es zwei Non-Album-Tracks: „Really Bad Weekend“, eine Art Indie-Tango, und „Home Altars Of Mexico“, ein shuffelnder Akustiksong, der irgendwie an „Rusted Guns Of Milan“ erinnert. Und man fragt sich, wo Eddie Argos all diese wunderbaren Songs herzaubert. Steigen Sie jetzt ein in die wunderbare Welt von Art Brut. Der Witz ist noch nicht zu Ende erzählt. Es ist noch nicht zu spät für die Außenseiterkunst.
Eine „echte“ Single kommt auch von Bloc Party. Echt heißt hier: Es gibt zwei neue Songs zwischen dem ersten und dem zweiten Album, die nicht auf dem ersten Album drauf sind. „Two More Years (Wichita/V2/ Rough Trade) kommt aber, tut mir leid, ein bißchen schlapp und ausgelaugt daher, soll aber nach Aussage von Kollege Schadtcrofl noch wachsen. Und auch „Hero“ ist eher nur so eine mittelgute Ballade. Aber dann kommt „Banquet (The Streets Mix“). Zum geloopten Riff des Bloc-Party-Uberhits erzählt Mike Skinner, wie er im September 2003 bei einer Radiosendung bei der BBC ein Mikrofon hat mitgehen lassen, das er jetzt der Moderatorin Joanne Whalley zurückgeben will.
Langsam kann man sich auch an diesen Akustikfolk-Kram der neuen Black Rebel Motorcycle Club gewohnen. „Weight Of The World“ (Echo/ PIAS/Rough Trade) zeigt, daß BRMC schon weiter ihr „Ding durchziehen“, nur halt mit anderen Mitteln. Bei „Weight Of The World“ und den beiden Non-Album-Tracks „Mercy“ und „Feel It Now“ haben wir es mit hübschem Psychedelic-Folk, circa The Jesus & Mary Chain, zu tun.
„Unconditional“ (Island – UK-Import) von The Bravery ist wieder so ein arschwackelnder Indie-Dancefloor-Hit. Dazu: Remixe und unveröffentlichtes Zeug: „Oh, Glory“, ein schwerer, schleppender Schwulst-Blues-Rocker mit Gitarrensolo. Ja, Blues-Rock gibt’s auch in okay. „An Honest Mistake (Superdiscount Mix), ein four-to-the-floor Dance-Dance-Mix, mit Referenzen von Disco bis Acid. Und wer sich die Vinyl-7 kauft, wird mit einer wunderbaren Akustikversion von „An Honest Mistake“ belohnt.
Im Januar, Kinder, wird’s was geben. Und zwar Sound Mirrors, das neue Album der alten Helden Coldcut. Und heute schon die Single „Everything Is Under Control“ (Ninja Tune/Rough Trade) mit einem Noise-Gitarren-infizierten Track, der dem Neo-Oldschool-HipHop den Rock beibringt, oder umgekehrt. Jon Spencer singt gast und Mike Ladd rappt gast. Der „Return Of The Underdog Remix“ ist ein unverschämter Electro-Hammer. Wenn solche Hoenesse wie The Chemical Brothers es schaffen, dann haben das Coldcut auch verdient.
Auch diesen Namen bitte gut merken. Infadels. Eine Band aus East London, die mit „Jagger ’67“ (Wall Of Sound/PIAS/Rough Trade) nicht nur den besten Singles-Titel des Abrechnungszeitraums abliefert, sondern auch noch einen groovenden Indie-Elektro-Rocker mit einer Hookline, die sich gewaschen hat. Wenn solche Hoenesse wie The Chemical Brothers es schaffen, dann haben das Infadels auch verdient.
Vor drei Jahren waren Junior Senior sowas wie die Lieblinge einer Viertelsaison. Die beiden Dänen, einer schwul, einer hetero, einer klein, einer groß (hach, wie ungewöhnlich), sind mit ihrer neuen Single (7 only) von einem universal tätigen Major zu einem kleinen Indie abgewandert – wahrscheinlich wegen des großen Erfolgs. „Itch U Can’t Scratch“ (Crunchy Frog/Cargo) ist ein HipHop-informierter Comedy-Song. Hach, wie ungewöhnlich.
Katze ist nicht nur der Name einer Tierart, deren Vertreter manchmal ganz nett, oft aber auch ganz nervig sein können, sondern auch der der neuen Band von Klaus Cornfield, dem Sänger der weithin unterschätzten Band ThrowThat Beat In The Garbagecan, aus der weithin unterschätzten fränkischen Großstadt Nürnberg. „Der Brief“ [Zick Zack/Indigo] ist am besten mit den folgenden zehn Wörtern zu umschreiben: Deutschsprachiger Indie-Pop irgendwo genau abgewogen zwischen ernstgemeint und lustig. Wunderbar: „Sie liebt HipHop , mit Zeilen wie diesen: „Sie liebt HipHop. Das merk ich an den Kleidern, die sie trägt.“
Ein Tip zum Schluß: Wer in der glücklichen Lage ist, Besitzer eines Autos zu sein, das 200 Sachen „macht“, sollte sich von dem Ort, an dem „Ganz neu“ (Columbia/Sony BMG) läuft, entfernen, sich ins 200-Sachen-Auto begeben und sich unverzüglich mit der oben angegebenen Geschwindigkeit entfernen. Wahrscheinlich wird er dadurch ein glücklicherer Mensch werden.
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