Kate Bush :: Aerial

Art Rock: Kate Bush ist wieder da. Sie hat einen Vogel.

„She’s the most underrated porson on the planet“, berkte unlängst Andre 3000 von Outkast: „She was so far out there and, man, I was with her.“ Auf ihrem musikalisch ganz anderen Planeten machten die Futureheads weniger Worte, sondern steckten ihr „Hounds Of Love“ in ein zerschlissenes Punkrock-Gewand. Viel Verehrung für eine Frau, die seit ihrem letzten, enttäuschenden Album The Red Shoes keinen Mucks mehr von sich gegeben hat, einerseits. Andererseits würden wir wohl heute „Tori Arnos“ für ein israelisches Raketenabwehrsystem und „Björk“ für ein Schlafsofa von Ikea halten hätte es Kate Bush nie gegeben. Neben ihren Hits („Cloudbusting“, „Wuthering Heights“, „Don’t Give Up“ im Duett mif Peter Gabriel) sind es aber vor allem ihre vielschichtigen Alben The Kick Inside. Hounds Of Love und The Dreaming, auf denen ihr Ruf als avantgardistische Hohepriesterin des Pop fußt. Eine Liste, in die auch aerial mit seinen beiden Tonträgern „A Sea Of Honey“ und „A Sky Of Honey“ aufgenommen werden muß. Wurde für ihre letzten beiden Platten noch damit geworben, daß Größen wie Eric Clapton, Nigel Kennedy, Prince und ihr Entdecker David Gilmourmit von der Partie seien, steht aerial ganz für sich selbst. Nach der Geburt ihres Sohnes Bertie hat Kate Bush acht Jahre lang an diesen Songzyklen gearbeitet, nur unterstützt von bewährten Mitstreitern wie Drummer Stuart Elliott, ihrem alten Freund Gary Brooker von Procol Harum – und der eigenen Familie. Denn wie auf Hounds Of Love steuern auch hier wieder Vater, Bruder und neuerdings auch ihr Sohn ihre ISprech-lStimmen bei, und die fügen sich vortrefflich in den ausgeruhten, entspannten Fluß neuer Ideen, die da in Aerial gemündet sind – ein samtener Palast für die einsame Majestät ihrer Stimme. Okay, es gib! weit und breil kein „Babooshka“. Dafür streichelt es die Seele, daß Kate Bush noch nicht einmal versucht hat, fürs Radio zu komponieren. Statt dessen legt sie, zum Gurren der Tauben, einen milde dahingroovenden Zyklus zauberhaftester Songs vor, serviert auf einem edlen Percussion-Teppich. Dabei umfaßt der runde Klang einsame Piano-Etüden („Mrs. Bartoluzzi“) ebenso wie flotten Fotk („Bertie“) und kleine Progpopjuwelen („An Architecfs Dream“). Und immer dann, wenn’s allzu monochromatisch wird, tupft hier ein Theremin neue Farben in die Welt und überrascht dort eine dieser dynamischen Vokalharmonien, kurzum: Es ist eine Lust, sich durch dieses erstaunlich vielschichtige und doch brutwarme Konzeptalbum zu hören, wieder und wieder. Zumal sich Kate Bush mit den komplexen Fanfaren einer Nachtigall mißt oder, wie im Titelstück, das Vogelgezwitscher transzendiert, zu einem verwischten Aquarell aus Zimt und Honig. Platten wie diese werden schon lange nicht mehr gemacht. Nur manchmal fallen sie aus der Zeit, wie ein Geschenk des Himmels, wie Seelenwärmer, wie Aerial. Ein Wunder.

www.katebush.com