A History Of Violence :: Lustvoll mit der Brechstange. Start 13.10.
Es sind schmerzhafte Fantasien, die David Cronenberg antreiben, wenn er von der gewaltsamen Fusion des Menschen mit Fernsehern (videodrome) oder Autos (Crash) albträumt. Weil er von Film zu Film immer radikaler wurde, ist A History Of Violence auf den ersten Blick eine Überraschung: eine geradlinige Adaption eines Comic-Romans von John Wagner und Vince Locke, die ahnen läßt, wie großartig Sin City hätte sein können, wenn da ein Regisseur mit einem Funken Intellekt am Steuer gesessen hätte. Nach dem Vorbild karger B-Western der 50er entfaltet sich hier eine existentialistische Rachefabel, die an der Oberfläche ebenso funktioniert wie in ihren konträr dazu gelagerten Subtexten. Dazu läßt Cronenberg eine idyllische Apfelkuchenkleinstadt welt erstehen, in der es freilich an allen Ecken brodelt. Das verruchteste, was es im Familienleben des harmlosen Diner-Besitzers Tom gibt, ist ein Tanz seiner Frau Edie im Cheerleader- Kostüm, um ihn nach 16 Jahren Ehe sexuell auf Touren zu bringen. Kein Wunder also, daß Toms Leben auf den Kopf gestellt wird, als finstere Gestalten auftauchen und insistieren, er sei in der Vergangenheit ein höchst brutaler Gangster gewesen, der jetzt offene Rechnungen zu begleichen habe. Es spielt keine große Rolle, ob die von Ed Harris angeführten Bösewichte Recht haben mit ihrer Behauptung. Cronenberg interessiert vor allem, was das Eindringen der Gewalt mit seinen Figuren anstellt: Sie befreit sie. Das wird Moralapostel nicht erfreuen, aber Cronenberg lügt sich halt nicht in die Tasche. Je mehr Tom seine wahre Natur akzeptiert, zu der eben auch eine A History Of Violence gehört, desto intensiver nimmt er sein nunmehr bedrohtes Leben wahr, was etwa in eine der unglaublichsten Sexszenen diesseits von Crash mündet. Natürlich gibt es am Schluß auch den großen Rachefeldzug, aber der Blick des Filmemachers ist dabei so belustigt, der Ton so trocken, daß er dem Zuschauer keine Genugtuung gönnt. Trotz der Sprengsei drastischer Gewalt ist unverkennbar, daß sich hinter dem gespreizten Gepose im Grunde eine Sittenkomödie verbirgt. „Da gibt es kein Augenzwinkern“, sagte Cronenberg in Cannes. „Ich finde den Film einfach lustig.“ Rechthater. www.historyofviolence.com
Mit Viggo Mortensen, Maria Bello, Ed Harris, William Hurt, Ashton Holmes u.a.
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