Charlie Haden Liberation Music Orchestra – Not In Our Name

Der Bassist Charlie Haden, in den fünfziger Jahren blutjung in Ornette Colemans bahnbrechendem Quartett bekanntgeworden, ist einer der konsequentesten politischen Köpfe unter den US-Jazzmusikern. Zu seinen wichtigsten Projekten gehört schon seit 1969 die Allstar-Band Liberation Music Orchestra. So in etwa einmal pro Jahrzehnt trifft sich die Truppe um Haden und Arrangeurin Carla Bley für ein Album und Tourneen. Das neue Werk ist, keine Seltenheit in unseren Tagen, dem Protest gegen die Politik der Bush-Regierung gewidmet und doch ist es ein Besonderes. Denn anders als in den meisten Anti-Bush-Projekten, vor allem im Pop, versuchen die Künstler hier ihren Protest nicht in Form von sloganartigen Texten, sondern durch die Musik selbst auszudrücken – und zwar nur momenteweise, wie man bei diesen fast ausnahmslos aus der Free-Jazz-Bewegung hervorgegangenen Musikern vermuten könnte, durch erregte Atonalität. Im Gegenteil – in den acht Tracks herrscht eine geradezu inbrünstige Melodiösität und formale Schlichtheit, so als wollten die Musiker gerade durch leicht zugängliche Schönheit deutlich machen, wo die wahren Werte Amerikas zu finden sind. Mit Ausnahme eines Themas aus Antonin Dvoräks „Symphonie aus der Neuen Welt“ stammen alle Stücke von amerikanischen Komponisten (auch Haden und Bley sind je mit einem Titel vertreten) – und es sind vor allem kurze Zitate und jazzmäßige Umdeutungen tief im amerikanischen Bewußtsein verankerter musikalischer Motive, mit denen Haden & Co. hier arbeiten: Im reggaesken Titelstück klingt kurz der „Yankee Doodle Dandy“ an. die alte Gospel-Melodie „Amazing Grace“, sozusagen ein Stück amerikanischen Nationalerbes, jubilieren sie im Stile einer Funeralband, in der Dvoräk-Bearbeitung strahlt das Blechgebläse voller Würde. Kernstück aber ist das fast 17minütige Medley „America The Beautiful“, das die gleichnamige Hymne unter anderem mit Ornette Colemans „Skies Over America“ verknüpft.

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