The Decemberists – Picaresque

Im Booklet sind Bilder von bauchfreien Menschen abgedruckt, die ein Schild mit der Aufschrift „Bus Stop“ halten, das aus einem Laientheater-Stück Mitte der 60er stammen könnte, ihre Gesichtsausdrücke verraten das harte Studium dämlicher Comedy-Serien oder Real-Life-Soaps. Das Album einer Band, die sich aus einer Art Bühnensportverein zu dem entwickelt hat, was die amerikanische und kanadische Presse fast schon wieder the next big thing zu nennen gedenkt, soll nun dramatisch und rumpelnd und altmodisch sein, eine Inszenierung voller eigenartiger Geschichten und Wendungen von gleichbleibender Kraft über elf Titel überdies. Genaugenommen so nah am Leben, daß man’s gar nicht merkt. Alle Songs sind von Colin „The Mariner“ Meloy geschrieben, und bei fast allen Songs wird die fünfköpfige Band aus Portland, Oregon, von mindestens zehn Mitstreitern an den zur Zeit angesagten Orchesterinstrumenten bevon Christoph Lindemann gleitet lalles von Violine über Trompete und Saxophon bis zu schwer imagimerbaren Soundquellen wie „The Worm Hole„. Nur daß es nicht so groß und facettenartig wird wie bei Arcade Fire lund viel mehr auf See spielt). Meloy hat sich auf picaresque als Storytelterweitausdem Fenster gelehnt, er singt von den Callboys an der Bushaltestelle, von Ertrunkenen und Toten und 16 Military Wives. Kriegsbuchhaltung für Amerika. Und einmal ruft er traurig den Postboten an: „Do you have o letter lor me / from rrty own true love, lost ot the sea‘. Das knapp neunminütige „The Mariners Revenge Song“, eine ozeanische Ballade im Kurt-Weill-Stil mit Akkordeon und Gitarre, endet mit dem großen Auftritt eines gigantischen Wals und dem Hinweis auf den göttlichen Plan, der alle überleben läßt. Bei den Decemberists siegt die Moral über die Fast-Food-Moden dieser Tage. Und die Melodien dazu suchen wir noch heute bei Mornssey und John Darnielle von den Mountain Goats.

www.decemberists.com