Royksopp – The Understanding

Es gibt zwei, drei Stellen auf diesem Album, die eignen sich ganz vorzüglich für ein lustiges Blind Date unter Freunden: So ab 1:18 in Track 2 („Only This Moment“) und ab 0:17 in Track 5 („Follow My Ruin“). Ich wette, 90 Prozent aller Hörer tippen sofort auf diese beiden begnadeten Langeweiler aus dem Vereinigten Königreich, die ihre Karriere mit „West End Girls“ starteten. Sie wissen schon, welche. Royksopp debütierten vor knapp vier Jahren mit dem Fast-Instrumental-Album melodi a.m.: ein Bildersturm im elektronischen Eismeer, eine Platte, die mittlerweile längst zur Grundausstattung jeder Metropolen-Barzählt, inzwischen eine Million Mal verkauft wurde und den Smalltown-Hype um die norwegische Küstenstadt Bergen mitbegründete. Auf The Understanding wenden sich Torbjörn Brundtland und Svein Berge nun hörbar dem geschmeidigen Popsong zu, sie haben endgültig den Gesang entdeckt, und zwar nicht als weitere Soundfarbe, sondern als das, was er traditionell in der U-Musik ist: Leitmotiv, Köder und Stimulanz. The Understanding startet erstmal mit dem Instrumental „Triumphant“, einer völlig unerschrockenen Mischung aus „Je T’Aime“, „A Whiter Shade Of Pale“ und dem Gesamtwerk von Air, eine Piano-Melodie in den Frühjahrshimmel gemeißelt, und auf der Bodenstation wird Kontakt zu Ennio Morricone aufgenommen. Baß und Drums stehen für Erdung. Ein, pardon, Hammer von Hymne ist das. Im Folgenden streifen Royksopp durch ein Programm ausgereifter, hin und wieder überraschender Amalgamierungen: Smarte Lounge-Melodien treffen auf Beats aus dem House-Music-Prospekt, die Songs hängen zwischen Ambient und Psychedelic, bis da die Stimmen sind: Brüder, zur Sonne. Schwestern, zu den Pet Shop Boys! Zwischendurch legen Brundtland und Berge einfach akustische Sonnenuntergangspostkarten auf, und eine Sängerin müht sich vergeblich im Wettbewerb „Wie Björk singen“ („What Else Is There?“). Entwicklung ist das Zauberwort auf The Understanding – aber in jeder Hinsicht: Ihre Frisuren haben sie verändert, ihre Barte zwischenzeitlich wachsen lassen und den Humor verfeinert. Zu ihren Haaren und ihren Barten haben Royksopp sich weiterführende Gedanken gemacht. „Haare und Barte sind Teil des Prozesses, den wir durchlaufen. Je länger sie sind, desto mehr Beoujolais trinkt man. Wir befinden uns in Phase drei der sieben Phasen des Songwhtings.“ Die Toskana-Fraktion wartet schon. Fotogene Hügellandschaften mit der akustischen Gitarre und einem guten Chianti, Kochstudio und Kindern, Phase vier? VÖ.27.6.