Bruce Springsteen :: Devils & Dust

Songwriter: ein ruhigeres "Übergangswerk" mit der inzwischen gewohnten Mischung aus Höhen und Tiefen.

Seit Springsteen vor 23 Jahren die Demo-Sammlung Nebraska auf sein erstes Nr.1-Album The River folgen ließ, stellte er jeder „großen“ Veröffentlichung (Born in the USA, Human Touch/Lucky Town) ein introvertierteres Werk gegenüber. Devils & Dust nun ist der melancholischere Bruder von The Rising und wird, da der Künstler kaum Interviews geben will und für den Spätherbst ein neues Album mit der E-Street-Band angekündigt hat, von vielen als „Übergangswerk“ gesehen. Es ist trotzdem – oder gerade deshalb – die interessantere Platte. Nachdem Springsteen bei seiner Arbeit 2002 ein gewisses Maß an emotionalem Kalkül in Kauf nehmen mußte, um die Gefühle einer ganzen verletzten Nation massenkompatibel aufbereiten zu können, bemüht er sich jetzt wieder, den Mensch als Individuum zu zeigen, dessen Schicksal sich meist losgelöst von den großen Ereignissen der Weltpolitik im ganz Privaten vollzieht. Anstatt den Blick über das ganze Land streifen zu lassen, berichtet Springsteen von den Hoffnungen, den Zweifeln und den Sehnsüchten des Einzelnen und findet – zumindest in seinen besten Momenten – über die Untersuchung der Details zu einem klareren und schärferen Bild dessen, was die USA heute sind. Dabei ist devils & dust alles andere als makellos: Zunehmend unfähig, die Spreu vom Weizen zu trennen, streut Springsteen unter gelungene Kompositionen strukturlose, unfertig wirkende Songskizzen wie „Silver Palomino“ und „Black Cowboys“, die von Produzent Brendan O’Brien zu allem Überfluß mit störenden Klangteppichen einer sogenannten „Nashville String Machine“ unterlegt wurden. Auch bewundern zahlreiche Kritiker Springsteens Mut, in „Reno“ recht anschaulich Sex mit einer Prostituierten zu schildern („‚Two hundred dollars straight in/Two-fifty up the ass, she smiled and said.“), erwähnen aber nicht, daß der Song so unpersönlich und bedeutungslos ist wie der beschriebene Akt selbst. Fantastisch sind „The Hitter“ – ein intimer, fesselnder und gut zehn Jahre alter Song über einen Straßenboxer-, das geradlinige „All The Way Home“, das leidenschaftliche und rührende „Long Time Comin'“ sowie das betörende „All I’m Thinkin‘ About“, ein zügiger, akustisch instrumentierter Rock’n‘ Roll, bei dem Springsteen in fiebriger, brüchiger Kopfstimme singt. Devils & Dust ist vielfältiger als Ghost Of Tom Joad, hat zu viele Schwächen, um mit Nebraska mithalten zu können und ist damit ähnlich durchwachsen wie Tunnel Of Love. Wie auch alle „Übergangswerke“ davor aber ist es ein uneitles, persönliches Album, das den Song-Katalog des Künstlers um ein paar Perlen bereichert.