Kraudn Sepp – Sonntag

Wenn es nicht gar so müßig wäre, könnte man wieder bei Adam und Eva anfangen und erklären, daß das hier nichts mit dem zu tun hat, was seit langem als „Volksmusik‘ gehandelt wird. Aber nun gut, kostet ja nichts. Also: Josef Bauer a.k.a. der Kraudn Sepp [weil vom Kraudn-Hof daheiml mit Protagonisten der diversen Moik-Auftriebe zu vergleichen, ist in etwa so abwegig und wenig zielführend, als würde man Leadbelly oder Woody Guthrie mit Gracia von „Deutschland sucht den Superstar vergleichen. Oder mit einem Whopper-Menü. Oder so. Die Kunst – er selbst hätte es wohl nie so genannt – dieses zitherspielenden Landwirts aus dem Isartal mit dem Schalk in der knarzigen Stimme, geboren 1896, gestorben 1977, eines Volks- und Wirtshaussängers der ganz alten Schule, hat nicht einmal viel mit dem zu tun, was gemeinhin als „nicht tümelnde“, „wahre, echte“ Volksmusik das Gütesiegel derTraditions- und Heimatpfleger trägt. Das hier geht ein paar Schichten tiefer, und hätte der Kraudn Sepp in anderen Weltregionen gewirkt, würden sich seine Aufnahmen heute wohl auf hehren Kollektionen wie der „Anthology Of American Folk Music“ finden oder ein Ry Cooder hätte ihn dereinst ausfindig und mit ihm eine Platte gemacht. Für solcherlei Archäologiearbeiten ist hierzulande das Münchener Trikont-Label zuständig, das jetzt diese 32 Lieder zusammengetragen hat, die – ob Gstanzl, Balladen mit mitunter sozialkritischen Anklängen, Wildererlieder [nichts anderes als die Entsprechung der amerikanischen Outlaw-Balladen und als solche etwa in einer Linie mit dem Gangsta-Rap, ohne die Posenl, Liebeslieder oder heftige Zoten – so unkorrumpiert. ungeschönt, gewachsen, wahrhaftig, aufmüpfig, neudeutsch: extrem authentisch, real und street und fresh daherkommen, daß klar wird, warum der Kraudn Sepp seit langem von bairisch-alpenländischen Gegenkulturschaffenden wie der Biermösl Blosn, Sparifankal, Attwenger und Hans Söllner verehrt wird. Eine Sammlung, die jedem/r ernsthaft über das aktuelle Tagesgeschehen hinaus an Musik und Popgeschichte Interessierten zumindest zum Reinhören ans Herz gelegt sei.

www.trikont.de