Wynton Marsaus – Unforgivable Blackness
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts brachte er das „weiße“ Amerika auf die Palme. Als erster schwarzer Box-Schwergewichtsweltmeister haute Jack Johnson gleich mehrfach „weiße Hoffnungen“ wie Jim Flynn und James Jeffries aus dem Ring. Als er dann noch zwei weiße Frauen ehelichte, geriet er endgültig ins Fadenkreuz der Ku-Klux-Klan-Rassisten. Kein Wunder, daß Johnson seitdem in den Geschichtsbüchern der Black Community seinen festen Platz hat, er als Held der schwarzen Befreiungsbewegung genauso gefeiert wird wie Martin Luther King und Muhammad Ali. Wie das abenteuerliche Leben des Jack Johnson ablief, hat schon 1970 Regisseur William Cayton bewiesen, der für den Soundtrack seines Films Miles Davis gewinnen konnte. Über 30 Jahre später legt Regisseur Ken Burns mit „Unforgivable Blackness“ eine weitere Kino-Vita von Johnson vor. Mit musikalischer Unterstützung von Edel-Trompeter Wynton Marsalis. Und was für Gräben tun sich da auf zwischen dem Trommelfeuer des Miles Davis und der reißbrettartigen Traditionskultur von Marsalis. Ließ damals der begeisterte Amateur-Boxer Davis mit hypnotischen Rock-Jazz-Kombinationen den Männerschweiß richtig fließen, achtet Marsalis in den 21 Kompositionen auf die maßgeschneiderte Paßform von Blues und New Orleans Jazz. Mit einer immerhin exquisiten Auslese an Musikern wie Pianist Eric Lewis und Posaunist Wycliffe Gordon reist Marsalis zurück zu den Originalschauplätzen des Jazz, um vor allem die Geister von Jelly Roll Morton und Buddy Bolden zu beschwören. Dann wird durch die Salons geswingt, schiebt man mit Banjos über die Tanzfläche, während die Klarinetten zur einer großen Trauerprozession aufheulen. So mag sich das zwar alles um 1915 angehört haben, als Jack Johnson im vollen Sportler-Saft stand. Aber mit seiner revolutionären Schlagkraft hat das herzlich wenig zu tun. Allein weil Marsalis Johnsons stolzgeschwellte Brust des „I’m black“ hinter einem frischgebügeltem Smokinghemd versteckt.
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