Bay City Rollers von Wolfgang „Bubi“ Heilemann :: Aberwitzig!
Eine Ausnahme in der Flut redundanter Doppeldachziegelfotobände: Der Ex-Chefredakteur von „Bravo“ hat die Proto-Boygroup während ihrer sechs Jahre Weltkarriere begleitet, und sein Buch macht Wahnwitz, Absurdität, Rausch und Erbärmlichkeit des Lebens im Rollers-Circus optisch nachvollziehbar. Ausgeklammert bleiben die frühen Anfänge und das lange, zähe Ende; los geht’s 1974 mit fünf fröhlich hampelnden schottischen Teenagern (von denen einer allerdings schon 26 war) in den aberwitzigsten Klamotten der Menschheitsgeschichte und Horden hysterischer Mädchen (in denselben Klamotten). Heilemann hat die Bandmitglieder auch einzeln in privatem Umfeld porträtiert, was erstaunliche Einblicke erlaubt, etwa in private Plattensammlungen. Und Fragen aufwirft: Warum legen sich Menschen, die soviel unterwegs sind, daß ihre höchste Sehnsucht einem Zuhause gelten müßte, derart (da capo: aberwitzig) scheußliche Containerhütten zu? Die Sache gerät trotz emsiger Disziplinierung durch Manager Tarn Paton (dessen Privatgefängnis wir ebenfalls zu G esichlbekommen) außer Kontrolle: Einer fliegt raus, ein Neuer (Ian Mitchell, 17) kommt, wird gleich wieder ersetzt (Pat McGlynn, 18), dann kehrt der Alte zurück, und während die Sex-&-Suff-Skandale toben, lassen die Verkaufszahlen nach. Der Sänger hat einen Autounfall (wir sehen das Wrack, aber nicht den Kuhfladen, der ihm das Leben rettet, weil er mit dem Kopf hineinfliegt) und zerkriegt sich mit dem Rest der Band. Mit dem neuen Sänger ist die musikalische Erwach senwerdung vollendet und die Karriere vorbei. Les McKeowns Soloversuch als lebender Cocktail aus Jobriath und Science-fiction-Zahnbürste setzt dem Aberwitz die Krone auf. Ein hin- und mitreißender Bilderbogen eines (freilich: aberwitzigen) Märchens, das sich zum Alptraum entwickelt, und frappierendes Dokument des brutalstmöglichen Abschieds von Jugend und Naivität. Komplett mit versöhnlicher Note in den (leider jämmerlich übersetzten) Grußworten von Les und Ian Mitchell: Ist ja doch noch mal gutgegangen. Bloß Eric Faulkner ist spurlos verschwunden.
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