Gut/Böse :: von Matthias Beltz (Zweitausendeins, 975 S., 44,80 EUR)
Zweitausendeins wagt, was früher die Verlage getan haben, die heute Makulatur produzieren für den Schrumpf- und Stumpfmarkt: Bücher zu machen, die wirklich Bücher genannt werden dürfen. Wie diese zweibändige Auswahl veröffentlichter und unveröffentlichter Texte des 2002 verstorbenen Kabarettisten Matthias Beltz, inkl. MP3-CD mit zwei ungekürzten Bühnensoloprogrammen: Satzbild, Papier, Einband. Verarbeitung vom Vornehmsten, dazu ein Lektorat, das nicht 94 Orthographie- und Grammatikhämmer pro Seite übersieht oder selbst erst produziert, und mit Volker Kühn ein Herausgeber, der ein brillantes Vorwort verfasst und einen instruktiven, zurückhaltenden Kommentarteil beigesteuert hat. Beltz galt klügeren Komikfachleuten als „Spaßguerillero“, der auf seinem „kleinen boulevardesken Welttheater“ alle Torheiten der Welt und ihrer grässlichsten Bewohner, der Menschen, in der Witz- und Pointenmühle zermalmte, oft in rasenden Sprechnummern und gestischen Parforceritten, die nichts am Hut hatten mit dem betulichen Kleinkunstgeknittel der meisten seiner Kollegen. Der Ex-Sponti und Opel-Aktivist war aber vor altem ein profunder Schwarzseher. „Die Regel ist der Krieg“, gab er zu verstehen und verlachte das linke Kabarett in einer Zeit, in der J. Fischer und Co. als Linke durchgingen. Seine Bühnenprogramme glichen bei allen flinken Kalauern und glitzernden Szenen eher philosophischen Exerzitien als wohligen Varieteabenden, ohne dass sie das Schnelle, Leichte der pathetischen Schwere opferten. Beltz war bei Adorno in die Schule gegangen; von der hellen Präzision des dialektischen Denkens leben viele seiner Miniaturen und Monologe. „Das klingt so, als hätte ich was gegen Ausländer?“ heißt es mal. „Stimmt. Aber ich habe auch was gegen Deutsche. Besonders gegen die, die sich über Ausländer beschweren. Anstatt dass sie sich freuen, dass sie was zu meckern haben.“
>>> www.matthiasbeltz.de
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