Thommy und das Kukident :: Die Reklamation von Christian Stolberg

Neulich haben sie beim ZDF etwas verkündet, was uns vor 20 Jahren noch gefreut hätte: Künftig wolle man weniger volkstümelnde Musik senden, gab Manfred Teubner, seines Zeichens Unterhaltungschef der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt bekannt. Der Grund: Die Verantwortlichen des schon seit Jahren von Konkurrenten als „Kukident-Sender“ verhöhnten Kanals haben erkannt, dass sie ein „Imageproblem“ haben. Jetzt will man in Mainz das Programm verjüngen – und als Heilmittel dafür hat man in Mainz u.a. den Rock entdeckt. Kein Anlass zum Jubel – denn offenbar hat man beim Zweiten Deutschen Fernsehen Angst vor der eigenen Courage, Angst, mit wirklich relevanter und lebendiger, heutiger Rockmusik das im Schnitt 59 Jahre alte Stammpublikum zu verschrecken, jedenfalls geht man das mit dem Rock dort so an: Man versammelt anlässlich des vermeintlichen Jubiläums „50 Jahre Rock“ gleich zwei Mal in Kulissen, die auch für die „Krone der Volksmusik“ gepasst hätten, einen Haufen abgetakelter Rockveteranen und lässt sie in Schunkelmanier vor einem schunkelseligen Publikum ihre Klassiker verschunkeln. Durch den Abend führt der Starmoderator des Hauses, ein Mann, der bekanntlich den Schunkelboogie von Status Quo für die Krone der Rockentwicklung hält. Wo wir gerade bei Gottschalk sind: Noch traurigere Selbstverramscher als Altrocker, die sich zu Exponaten in der ZDF-Hauptabteilung für Rock-Geriatrie machen lassen, sind Altrocker, die ihr Werk in Musicals recyclen lassen – jener Unterhaltungsform für Leute, die Angst vor musikalischer Intensität haben. Eine traurige Rekordmarke haben da kürzlich Brian May und Roger Taylor gesetzt, die nicht nur ein Queen-Musical selbst finanziert [!] haben, sondern jüngst in Tateineinheit mit dem Ensemble dieses Musicals auch noch zum Schunkelstelldichein in der Samstagsshow von Schunkel-Thommy auftraten. Das Publikum in der Nürnberger Messehalle schunkelte selig. „We will schunkel you“. Oder auch: The day the music died.