Roscoe Mitchell & The Note Factory – Song For My Sister

Das magische, immerhin von den Beatles besungene Alter von 64 Jahren ist eigentlich unter Jazzern keines. Vorausgesetzt, man teilt sich die Ideen ein und haushaltet mit der Kondition. Werwie Roscoe Mitchell jedoch seit genau 1961 und damit seit 43 Jahren mit seinem Saxofon die Jazznoten heftig durchschüttelt und mit dem Art Ensemble Of Chicago auch noch Musikgeschichte geschrieben hat – dem müsste irgendwann mal die Puste ausgehen. Aber Mitchell ist eben der lebende Beweis dafür, dass Jazz keine Frage des Alters, sondern der spirituellen Fitness ist. Weshalb er hier acht jungen Jazz-Burschen erst einmal zeigt, wie die Jagd nach den verrücktesten Ton- und Rhythmus-Kombinationen Spaß machen und dabei weiterhin das beste Lebenselixier bleiben kann. The Note Factory hat Mitchell dieses Experimentalkollektiv getauft, bei dem das Schlagzeug, das Klavier und der Kontrabass gleich in doppelter Ausführung das Geschehen antreiben. Neun Stücke lang. Und bei denen afrikanische Archaik. strenge Hard-Bopiaden, Klezmer-Splitter und exzessiv gestaltete Rock-Jazz-Mantras in ein gut geschmiertes Drehkreuz geraten. Dank hochenergetisch percussiver Reize, wilder Improvisations-Purzelbäume und virtuos-dämonischer Melodie-Figuren. Doch da Roscoe Mitchell sich nicht nur in der Abstraktion bestens auskennt, gibt es zum guten Schlussvon song for my sister doch noch einen Funky-Groove – den man aber auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen sollte. Mitchell ist schließlich erst 64 Jahre alt.

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