Leonard Cohen :: Dear Heather
Was will uns der 70-jährige Songpoet heute noch sagen? Vielleicht sogar "auf Wiedersehen!"
Komische Karriere. Ist aber auch ein komischer Kauz. Da verschlägt es einen Lyriker ins Musikgeschäft; da verschwindet er für fast zehn Jahre; da kommt er wieder und landet den Hit seines Lebens; da verschwindet er wieder für mehr als zehn Jahre in einem Zen-Kloster; da kommt er plötzlich wieder, enttäuscht auf ganzer Linie; und legt jetzt plötzlich, längst überreif, ein virtuos-entspanntes Alterswerk vor. seine beste Platte seit mindestens zwölf Jahren: DEAR HEATHER. Natürlich findet sich hier kein zweites „So long, Marianne“, kein zweites „Suzanne“. Aber auch wenn Leonard Cohen aus dem „Chelsea Hotel“ schon lange ausgezogen ist, ist dieses Album sanft durchwirkt vom Nachhall seiner ganz frühen Arbeiten. Was ist passiert? Naja, am 11. September 2001 hat sich etwas ereignet, das mit „First We Take Manhattan“ sarkastisch, aber doch treffend umschrieben wäre. Vom „day they wounded New York“ singt er heute, wieder im Duett mit einer Frau. Das ist gut so, weil der gravitätische Reiz seiner nachtdunklen Grabesstimme im Kontrast mit einem hellen weiblichen Organ noch gesteigert wird. Schlecht ist es, wie bei seiner jüngsten Platte TEN NEW SONGS leider geschehen, wenn er sich aus falscher Bescheidenheit der Dame unterordnet. Mit Anjani Thomas aber hat er wieder die perfekte Balance gefunden. Und zurück zur Stille. Akustische Gitarren, verschämte Bläsersätze und dezente Streicherchen verstärken die Wucht der Texte, anstatt sie zu erdrücken. Wer einmal mit „One Of Us Cannot Be Wrang“ das poetischste, schmerzlichste Liebeskummerlied aller Zeiten geschrieben hat, der kann doch kein schlechter Künstler sein; der beobachtet heute noch Dinge „your legs white from winter“; der geht vielleicht ein paar Zentimeter über dem Boden. Und hoffentlich geht er noch lange nicht. Welcome back, Leonard!
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