Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs – Leichte Teile, kleiner Rock
Indie: Lada Classix bringt alle Alben wieder neu an den Start.
Junge Hupfer können nicht wissen, dass der Mann nicht immer so war. „Hey Schatz, ich wünsch dir so /dass du deinen Weg raus findest aus diesem Büro“, sang Tilman Rossmy auf seinem ersten Soloatbum willkommen zu HAUSE – und lieferte damit den Soundtrack für frustrierte Sekretärinnen. Schlimm, schlimm. Das war 1996, und bevor Rossmy Lieder über das tristtrostlose Büroangestelltendasein schrieb, hatte er eine tolle Band am Start: Die Regierung. Blumfeld hatten noch Eier, Tocotronic bügelten als Karrierevorbereitung noch ihre Cordhosen und arbeiteten akribisch an ihren asymmetrischen Frisuren – da veröffentlichte Die Regierung 1994 ihr viertes und leider letztes Album. Das Verdienst von Lada ist es nun. dieses wieder zu veröffentlichen. UNTEN heißt es, ist das, was man seinerzeit „Neofolk nannte, atmosphärisch angenehm dicht – und Rossmy nölt sich mit der ihm eigenen Lakonik durch die Widrigkeiten des Alltags. Die weiblichen Wesen, die er ansang, waren noch nicht namenlos, weiter als bis zum „N“ – Natalie, Nicole – kam er trotzdem nicht, unten ist unglaublich stimmig: Leben geht in Liebe auf, umgekehrt funktioniert dasauch, und sicher ist immer auch die Unsicherheit. Die Küchenuhr flugs vier Jahre vorgedreht, und schwuppdiwupp sind wir bei Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs gelandet. Mit leichte teile, kleiner rock schraubt Lado ein reguläres Album von 1998 und eine EP zusammen, und das Ergebnis ist sowohl musikalisch als auch textlich gewaltig. Donnernd und wuchtig sind die Gitarren, fast sind wir geneigt, der Band posthum noch ein „The“ zu spendieren. Also gut: The OZSWMK. Und über Zeilen wie „Und ich denke manchmal/dass wir uns so gut verstehen / liegt doch auch daran /dass wir uns im anderen sehen“ laus „Von Haus aus allein“] und „Perspektivisch entwickelt sich der Blick /in jede Richtung und nicht nur zurück“ (aus „Scheint gut“) kann man sowieso stundenlang sinnieren. Lohnt sich. Merci, Lado.