Nick Cave & The Bad Seeds :: Abattoir Blues / The Lyre Of Orpheus
Songs: Der Meister des schwarzen Humors geht ohne Blixa Bargeld, aber mit erfrischter Inspiration neue Wege. Doppeltes Album, doppelter Witz.
Ganz am Schluss des letzten Nick-Cave-Albums NOCTURAM A kam als PostScript noch das furiose „Babe, l’m On Fire“. Die vorangegangene Liedersammlung hatte irgendwie verkrampft gewirkt, elegant, ja, aber auch ein bisschen schablonenhaft. Mit „Babe, l’m On Fire“, der so fulminanten wie witzigen Ode an die Libido, warf Cave endlich die Zügel ab. Man hätte sich gewünscht, das Album gehe hier erst los. Der Wunsch wird jetzt erfüllt. Selten hat Nick Cave so intensiv, aber auch locker, so flammend, aber auch so versöhnlich gewirkt. Das Format eines Doppelalbums bei manch anderen Künstlern ein Symptom für ein aufgeblasenes Ego – scheint die Inspiration von Cave und Band befreit zu haben. Noch nie hat ihre Musik über die Dauer eines Albums hinweg größere stilistische Sprünge gemacht. Der Abgang von Blixa Bargeld (das grandios tragikomische „Fable Of The Brown Ape“ handelt davon) habe ihn gezwungen, neue Wege einzuschlagen, sagt Cave. Das bedeutet etwa die Mitwirkung eines Gospel-Chores, der sich schon beim ersten Einsatz, „Get Ready For Love“, mächtig ins Zeug legt. Der Kontrast mit Caves großartigem Auftritt als sardonischem, etwas zu weltlich denkendem Pastorbringt eine neue, emotionale Perspektive ins Spiel, von der aus die unironische Seite vom Witz – und vom Tiefgang – in Caves Texten erst richtig zur Geltung kommt. ABATTOIR BLUES enthält die donnernden Predigten, die samtenen Balladen sowie die Popsongs (das obszön-süffige „Nature Boy“ sei der Versuch, den Geist von Steve Harleys „Make Me Smile [Come Up And See Me]“ einzufangen). THE lyre OF ORPHEUS hat die stilleren, subtileren Stücke und hinterlässt ein tieferes Gefühl der Befriedigung. Der Titelsong inspiriert vom Grausen der Band, als Warren Ellis mit einer Bouzouki daherkam – ist zum Schreien lustig und enthält den heißesten Bouzouki-Riff aller Zeiten. Ellis‘ Flötenkakophonien im pastoralen „Breathless“ sind ein Geniestreich. Und „Supernarurally“ ist Caves amüsantestes Liebeslied ever und „O Children“ vielleicht sein schönster Song überhaupt.
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