The Good Life – Album Of The Year
Schlimm ist das mit der Liebe. Erst recht mit der Jugendliebe, wenn die frühtingshaften Triebe noch grün sind und die Luft vor Harmonien nur so flirrt. Tim Kasher kann nicht nur ein Lied davon singen, sondern gleich zwölf, eines für jeden Monat des Jahres, womit wir schon beim leicht vollmundigen Namen dieses Albums wären. Mit seinen Liedern will er die Liebste betören und schnurrt im Titelstück zur Akustischen-„I say they’re all for you, dear/I’ll write the album of the year.“ Aber das nutzt natürlich nichts, das Epos vom Werden und Vergehen der Gefühle kann sich entrollen. Nicht nur in den intimen, manchmal fast schmerzhaften Texten, sondern auch musikalisch ist die Ähnlichkeit mit dem Labelkollegen Conor Oberst verblüffend. Wo aber Oberst und seine Bright Eyes gerne ins Spröde abdrehen, starten The Good Life mit donnernder Euphorie und schillernden Hymnen durch. Themen wie Eifersucht und Trennung klingen dabei genauso wütend, aufgeregt und hart, wie Eifersucht und Trennungen sich halt anfühlen. Ansonsten schwankt der Weltschmerz im Walzerschritt, es schluchzt das Akkordeon, es wimmert das Altsaxofon, es heult die Slide-Guitar. Trotz der folkrockigen und üppigen Instrumentierung aber scheint hier keine Note ohne Not gesetzt. Ökonomisch wie Simon & Garfunkel oder Fugazi, die Kasher als Vorbilder nennt, ganz zu schweigen von The Cure. Wer Kasher bei Cursive hat singen hören, der wird seinen Ohren nicht trauen. Und sein Herz öffnen für dieses himmelhoch jauchzende, tödlich betrübte Meisterwerk.
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