Palais Schaumburg – Lupa
Man kann als Band unmöglich weitermachen, wenn der Frontmann geht. Die alte Chemie und Magie ist schwer wiederherzustellen. Trotzdem: Einige hatten sich in der Vergangenheit durch Personalabgänge nicht von einem zweiten Anlauf in anderer Besetzung abhalten lassen, so auch Palais Schaumburg. Ihr Debüt palais schaumburg gehört zu den Glanzstunden des deutschen Denkpop, nicht zuletzt wegen der impulsiven Künstlerpräsenz von Sänger Holger Hiller. Ungeachtet des gelungenen Einstands und einer Resonanz bis weit über die Landesgrenzen hinaus verabschiedete sich Hiller im Streit. Ersetzt wurde er durch Walter Thielscher, einen Freund der Band, der schon den Text zu „Deutschland kommt gebräunt zurück“ geschrieben hatte. Als Produzent engagierte man den von Kid Creole & The Coconuts bekannten Andy „Coati Mundi“ Hernandez, und in der Tat ist diese Platte griffiger ausgefallen. Die Bassgrooves verlaufen wesentlich linearer und verraten den Einfluss der damaligen New Yorker Punk-Funk-Szene. Einen banalen Refrain wie „Nett sein ist doof, süß sein macht sauer“ hätte Hiller wohl kaum geduldet, die harmlose Übernahme von Jazzetementen in „Rosen“ ebenso wenig. Dennoch erkennt man auch hier noch genügend Hinweise auf Erneuerungswillen, etwa im Titelsong, in „Stich auf Stich“ oder „Papperazzo‘, wo sich der Gesang an die Rap-Technik anzulehnen beginnt, lupa ist immer noch gut genug, um sich heute wieder daran zu erinnern. Ein Sonderlob verdient das neu zusammengestellte Booklet mit Presseausschnitten und informativen Liner-Notes.
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