The Singles
Die von Tapete Records geben in letzter Zeit immer damit an, dass irgendein Meinungsführer in Berlin irgendeine Single ihres Labels superdufte findet. Berlin reicht, denken die von Tapete, dann hat man den Schreiber gleich in der Tasche. „Ich hol dich hier raus“ (Tapete/Indigo) von Anajo ist ein poppunkiger Ohrwurm mit schöner 8os-Synthie-Hookline. Und auch noch sehr gut – obwohl die Band in Berlin superdufte gefunden, von den Menschen des .John Lennon Talent Award“ gefördert wird und aus Augsburg kommt.
j Lindemann erzählt, dass sich „Your Cover’s Blown“, der neue Song auf der Belle & I Sebastian-Single „Belle & Sebastian present ,Books'“ IRough Trade/ Sanctuary/Rough Tradel, nach 2:52 Minuten in ein Magnum-artiges Prog-Art-Rock-Dingsbums verwandelt. Nachgeprüft. Stimmt. Vorher und nachher ist das ein Seventies-Funky-Jamiroquai-Song mit Uhh-ahh-uhh-Chören. „Musikchef‘ Weber erzählt, dass das Covermodel die gleiche Frisur trägt wie seine Mutter damals in den Sechzigern. Nicht nachprüfbar.
Das wird wieder Kuba-Krisen geben. Wim Wenders, der alte Teufelskerl, hat es I sich nicht nehmen lassen, noch einen Kuba-Film zu drehen. Der heißt „Musicana Cubana – The Sons Of Havana“, und es geht um „moderne“ kubanische Musik. The Chiki-Chaka Girls, zwei Schwestern im anbrechenden heiratsfähigen Alter, die aussehen wie eine Mischung aus Jennifer Lopez und, äh, Jennifer Lopez, spielen eine wichtige Rolle in diesem Film, der sicherlich wieder ein großer Erfolg werden wird. Die Single „Chiki Chaka“ (Timba/BMGI ist ein schönes Beispiel für negativ rückkoppelnden Kulturimperialismus, an dessen Ende eine globale Einheits-..Kultur“ steht. Zwei „authentische“ Latinasängerinnen performen einen HipHop-infizierten Latin-Pop-Schlager und orientieren sich dabei am Latin-beemflussten Plastikpop von US-amerikanischen Latinasängerinnen. Typischer Fall von Chiki-Chaka. Fidel, mach was!
IJonathon Saul Kane aka Depth Charge nicht auf der elektronischen Rechnung zu haben, erweist sich mit jeder seiner Veröffentlichungen als großer Fehler. „Hi Voltage Man“ IDC Recordings/Kompakt) ist zwei Tracks lang abenteuerliche Elektro-Achterbahnfahrt mit HipHop-Bewusstsein und ohne Berührungsängste vor akustischen Gitarren. Ein Hit ist das, ein Hit.
i Das wird auch einer werdenqua Fanvorf reudeerwartungshaltungsimputskäufen:“.Troy“ I (Four Music/Columbia/Sony Music] ist die Albumsvorbotensingle der Fantastischen Vier. Da haben sie mal wieder schön alles reingepackt, diese Fantas: funky Elektronik, gedämpfte Rockgitarren, Wortwitz: „Troy“ [engl. für Troja) und „treu“. Got it?
Gerade war“.der“ Jörg, wie wir ihn zärtlich nennen, da. Er findet es „schlimm“, sagt er, „doss Goldfrapp/efrf Disco machen . In Anspielung auf die „Twist Remixes“ IMute/Neuton], die sich gerade auf dem Plattenteller drehen. Goldfrapp werden in dieser Abteilung neuerdings für gut befunden, und zwar uneingeschränkt, also auch die Disco-Goldfrapp. Jaques Lu Cont lässt im „Conversion Perversion Mix“ keinen Stein auf dem anderen und kreiert etwas, das Indie-Rocker gerne als „Disco“ bezeichnen. Mathias Schaffhäuser tut im“.Schaffhäuser & Wessling Mix“ dergleichen mit ein bisschen mehr Tanz-Bumms.
i War ja klar, dass die große I Pop-Recyclingmaschine irgendwann James-Taylor-es-I ke Singer/Songwriter ausspucken würde. Hai aus Dublin neigen auf „Worry About The Wind“ IRough Trade/Sanctuary/Rough Trade) zu opulenten Popmelodien und theatralischen Arrangements. Wie Belle & Sebastian für Erwachsene oder wie Scissor Sisters ohne Disco.
I Die..Woodie -Serie des Exile-I On-Mainstream-Labels ist eine feine Sache. Auf 999 Stück limitiert, kommen exklusive Tracks von Label-Acts auf EP-Länge in einer hölzernen Zigarrenkiste. „The Hidden Hand Vs. Wooly Mamooth“ lExile On Mainstream/Soulfoodl ist eine Split-EP von – manche ahnen es vielleicht schon -The Hidden Hand und Wooly Mamooth. Die beiden Hidden-Hand-Tracks gehören zum Besten und Giftigsten, was Scott „Wino“ Weinrich in letzter Zeit abgesondert hat. Wooly Mamooth gehen auch in diese Richtung, nehmen aber den Umweg über Kyuss.
Einer der vielen Vorzüge der Moulinettes ist, dass diese sehr sympathische Band nicht aus Berlin kommt, sondern aus München. Und das Schönste an der Single „Dreckiger als auf dem Mond“ IPaull/Rough Trade] ist nicht der Punk-Pop-Ohrwurm vom Album, sondern die Dreingabe desselben in einer englischsprachigen Version LFilthier Than On The Moon“) und „Unsere Anwälte“ auf Italienisch („I avvocati“), so was gefällt dem Singleskastenmann, da hat er Spaß daran.
1 Es gibt zwischen zwei Redaktionsmitgliedern einen Konsens hinsichtlich schwedischer Bands. Demnach sind die Hauptprobleme der meisten schwedischen Bands (außer Abba, The Cardigans und The Hivesl: a) sie kommen aus Schweden, b) ihre Mitglieder heißen S0ren Brygerströödt oder so. Das soll hier nicht weiter vertieft, jedoch verbunden werden mit dem Ausdruck der Freude darüber, dass Jaga Jazzists nicht aus Schweden, sondern aus Norwegen kommen. Lars Horntveth ist der Chef der zehnköpfigen Band und veröffentlicht mit „The Joker EP“ ISmalltown Supersound/Rough Trade] eine der stimmigsten Verbindungen von Jazz und Elektronik ever. Horntveth spielt Bassklarinette und Sopransaxofon über fantasievoll arrangiertem Plicker-Plunker-Wahnsinn. Dagegen können auch die Remixer IFour Tet, Mental Overdrive) nichts ausrichten.
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