Der neue Serien-Guide von Thomas Hruska & Jovan Evermann
Menschen wie ich sind leicht zu ködern: Man hebe den Vorhang, der die Trivialitäten der Vergangenheit verhüllt, schon sind wir entflammt. Konkret: Man nenne Titel wie „Time Tunnel“. „Mini-Max“. „S.R.I. und die unheimlichen Fälle“ und „Nummer sechs“, schon leuchten unsere Augen wie die von Captain Kirk, als er dem Tränenzauber von Elan verfällt. Fernsehserien sind Mysterien der Kindheit, Parallelwelten hinter dem Horizont des trüben Alltags, fanatisierender Diskussionsstoff und Objekte jahrzehntelanger Sehnsucht (wenn sie nicht wiederholt werden). An einem „Lexikon aller Serien im deutschen Fernsehen von den Anfängen bis heute können Menschen wie ich nicht vorbeigehen. Die Enttäuschung kommt dann schleichend, aber sie kommt unaufhaltsam. Man blättert und blättert, findet Unvergessliches und Vergessenes, Peinliches und Geniales, findet womöglich gar sich selbst (ich sage aber nicht wo, ätsch, und mangels Personenregister ist die Suche vergeblich), aber mehr findet man nicht. Vier Bände voller Informationen, von denen jeden einzelnen Leser mindestens 85 Prozent überhaupt nicht interessieren; und das, was ihn interessiert, wird nur angedeutet: Titel, Hauptpersonen, kurze Einführungen {in vielen Fällen voller Fehler; aber es wäre natürlich für zwei Autoren vollkommen unmöglich, alle Serien gesehen zu haben). Und ellenlange Aufzählungen von Folgentiteln, die im Grunde sinnlos sind, weil die jeweilige Handlung fehlt, ebenso wie Angaben zu Autoren und Regisseuren. Vieles ist veraltet (Redaktionsschluss war offenbar im Herbst 2002, Serien wie „Ally McBeal“ und „Buffy“ sind mittlerweile längst abgeschlossen, neuere fehlen); statt Staffeln dienen Ausstrahlungsdaten als „Klammer“… Wahrscheinlich ist die Kritik ungerecht, weil ein solches Unternehmen gar nicht sinnvoll zu meistern ist, außer per Internet (entsprechende Verweise fehlen ebenfalls). Aber so etwas sollten Autoren und Verlag sich vorher überlegen. So, zumalauf billigem Papier gedruckt und mit ein paar unkommentierten Pressephotos in miesester Qualität dekoriert, ist das Ganze höchstens für journalistische Schnellschreiber zum gelegentlichen Nachblättern brauchbar, für Liebhaber welcher Serie auch immer jedoch nicht.
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