Yellow Magic Orchestra – Acht Alben

Genau als sich Kraftwerk zunehmend aus der Öffentlichkeit zurückzogen, tauchte Ende der Siebziger aus Fernost jenes Trio auf, das nahtlos dort digital weiter werkelte, wo Hütter, Schneider-Esleben, Flührs und Bartos mit ihrem letzten grandiosen Werk die mensch-Maschine aufgehört hatten. Ryuichi Sakamoto, Yukihiro Takahashi und Haroumi Hosono ließen sich auf ihrem Debüt von 1978 nicht nur von den Düsseldorfern inspirieren, sondern integrierten auch den Trashcharaktervon Giorgio Maroder, das Woolworth-Flair von Space, das avantgardistische Franzosen-Duo Perrey & Kingsley, die skurrile Tonto’s Expanding Head Band und die britischen Außenseiter Japan, um nur einige der Stilzitate zu erwähnen, vellow magic orchestra , in der Neuedition ein 2-CD-Set mit dem japanischen Original und der US-Version, offeriert Kleeps und Klonks zuhauf und klingt mit dem Abstand von mehr als zwei Dekaden mitunter so abartig, als hätte jemand vergessen, seinen Tamagotchi regelmäßig zu füttern. Der Nachfolger solid State survivor war absichtlich noch stärker an Kraftwerk angelehnt, da das bizarre Trio realisiert hatte, dass der Erstling für den Massengebrauch doch etwas zu abgehoben tonte. Allerdings, Kraftwerk würden weder einen so rockenden Opener wie „Technopolis“ noch eine so verführerisch schöne Melodie wie in „Absolute Ego Dance“ und schon gar nicht eine so abwegige Coverversion von „Day Tripper“ der Beatles offerieren. Ein kleines Meisterwerk ist indes das hörspielartige Konzeptalbum x 00 multiplies das die entindividualisierte Massengesellschaft Asiens aufs Korn nimmt und klingt, als hätten Brian Eno und David Byrne bei der Produktion ihre Finger im Spiel gehabt. Weiter in Richtung Klapsmühle führt das 198l veröffentlichte technodelic das mit der bizarren, a cappella gesungenen Zeile „This must be the ugliest piece of bread l’ve ever eaten“ eröffnet wird, mit „Neue Tanz“ der Deutsch Amerikanischen Freundschaft eine aufrichtige Reminiszenz erweist und auch amerikanische Gothic-Industrial-Rockerwie Ministry und Nine Inch Nails inspiriert haben dürfte. Wesentlich zugänglicher präsentiert sich bgm mit eingängigen Synthie-Pop-Strukturen und jenem Song, der deutschen Depeche Mode-Epigonen wohl den Namen verpasst haben dürfte: „Camouflage“. Ganz ähnlich geköchelt ist Service mit den Dancefloorkillern „Limbo“, „The Madmen“ und „Chinese Whispers“. Wenig später hatte sich das Blatt zumindest künstlerisch gewendet: Für naughty boys , gekoppelt mit dem Remix-Longplayer instrumental, kehrte das Yellow Magic Orchestra 1983 dem englischen Gesang der vorangegangen Alben den Rücken und brachte kurioserweise Ex-Be-Bop-Deluxe Bill Nelson mit seinem avantgardistischen Gitarrengezicke ins Spiel. Der frühe Anarchismus war Vergangenheit. Stattdessen regierte eingängiger Synthie-Pop, den seltsame englische Bands mit noch seltsameren Frisuren ebenfalls spielten. Nett, aber unglaublich berechenbar.