Miss Kittin – I Com

Punktesieg auf hohem Niveau: Felix [siehe Seite 73] verliert Titel an Miss Kittin. Das erste Soloalbum der französischen, zwischenzeitlich in Berlin beheimateten DJ-/Night-Iife-/Gaststar-Konigin kann mehr, ist näher dran, will mehr von dir. Frau Kitten alias Caroline Herve pflegt einen weniger bescheidenen Umgang mit den Möglichkeiten computergenerierter Popmusik. Obwohl i com uns reich beschert an sexy Elektropunk, geraden Beats und effektvollen Sounds (bis hin zu dem „Push It“-Update „Requiem For A Hit“ mit L. A. Williams als Gastsloganizer, das einem außerhalb stroposkopverätzter Großstadthöhlen schnell auf die Nerven gehen kann, begegnet einem dieses Debüt doch als Album mit eigener, mit großer Persönlichkeit, als elektronische „Autorenplatte“. Das beginnt schon mit dem Opener, der Single „Professional Distortion“, einem unbedingten, reduzierten Bleeps-und-Bassdrum-Knaller samt E-Gitarre, in dem Caroline mit charmantem Biss aus ihrer Plattentasche plaudert: „I have to sing, I have to tease, I have to kiss so many cheeks, I got the tave, I got (he tricks, I have to put guests on the list..“ Damit hätte sie auch schon mal den vermeintlichen Makel der Gesichtslosigkeit in der DJ-Kultur abgelegt. Stilistisch übersetzt Miss Kittin erwartungsgemäß vor allem erfolgreich E-Retrospielarten ins Jetzt; doch mindestens ebenso überzeugt sie in trippigen New-Wave-Popsongs voller Tiefe und Perspektive als sanfte Sängerin, ruft und fordert schneidend in aggressiven, umso zweidimensionaleren Brettern wie „Meet Sue Be She“ und flüstert, trällert und fantasiert dir ins Ohr in dem geheimnisvollen Klangbild von „I Come.com“. Musik, weit weg von der retrofuturistischen Idee, eine „Mensch-Maschine“ zu sein.