Rammstein :: Lichtspielhaus
That joke isn’t funny anymore: Es brennt und schwitzt, es hämmert und rrrrroltt auf dieser Anthologie.
Ihren ersten Auftritt, so kündet es die Legende, hatten Rammstein im Vorprogramm der Comedy-Band des Bruders von Keyboarder Christian „Flake“ Lorenz. Zehn Jahre später und drei Jahre nach ihrem dritten und bislang letzten Album mutter erscheint jetzt die DVD Lichtspielhaus [Gottchen, wie deutsch! und es mag einen das Gefühl beschleichen, all die Jahre einen gigantischen Witz nicht kapiert zu haben. Rammstein, die allerpolarisierendste Band des Deutschrock, eine Comedytruppe? Sieht man die Clips zu den Singles von „Du riechst so gut bis „Feuer frei!“ mal alle so geballt am Stück, kann man sich jedenfalls schwer vorstellen, die sechs germanischen Mannsbilder sollten sich bei der Arbeit nicht ständig vor Lachen bepisst haben. Naja, haben sie wahrscheinlich nicht. Aber diese ganze Komik hier – das eingeölte Muskelwuchten in „Du riechst so gut“; Till Lindemanns Ananasfrisur in „Seemann“: die Exotik-Tänzerin, die sich in „Engel“ der Clip wurde damals mit dem „Echo“ ausgezeichnet, na herzlichen Glückwunsch nach einigem Hängen mit der Würgeschlange in den ollen Flake I?!?) verwandelt (oder so); die Band als Bergbauzwerge beim koksenden Domina-Schneewittchen in „Mutter“ kann auch nicht komplett unfreiwillig sein. Oder? Rückblickend schwer nachzuvollziehen jedenfalls, dass diese Band einmal für gefährlich gehalten wurde, weil sie „mit Symboliken spielte“. Der 1998 so heiß umstrittene „Stripped „-Clip mit den Riefenstahl-Athleten ist – nüchtern betrachtet einfach prätentiös-dröger Käse. Was sollte das? Weiß man ja längst: Wer nichts zu sagen hat. muss halt provozieren, und Rammstein taten das auf dem Feld zwischen schlechtem Geschmack und Geschmacklosigkeit bisweilen recht virtuos – they pushed all the right buttons, wie die Amerikaner sagen, die Rammstein ja ganz besonders ins Herz schlossen. Die überhöhte, ultimativ botschaftslose Ästhetik der Band – stumpf, ja. aberviel mehr mit dem Selbstzweck einer gay-camp-Überstilisierung am Hut als mit gewallbereitem Hooligan-Machismo- ist auf jeden Fall sympathischer als etwa die gern in einem Atemzug genannten Böhsen Onkelz. die zwecks Identifikationshilfe ständig an den Minderwertigkeitskomplex ihrer Fanhorden appellieren müssen. Doch diese Ästhetik hat ein kurzes Verfallsdatum. Das R-Gerolle, das Feuerspritzen, der Funkenftug, das schmutzschwitzige Stahlmännergemache, das ist alles so elend schal geworden, dass es nicht mal mehr nervt. Und doch, hört man, wollen Rammstein dieses Jahr zurückkehren. Nein, nicht als Teutonengeisterbahn in Disney World, sondern durchaus mit einer neuen Platte. Und vielleicht lieber auch mit ein paar neuen Gags.
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