Morgenstern – Carolea

Es soll ja Menschen geben, die sich zu Tode sorgen. Andere wiederum langweilen sich zu Tode, und eine dritte Spezies arbeitet sich zu Tode. Zu Letzterer gehörte wohl Christian Morgenslern, der am 17. Juni im Alter von nur 27 Jahren gestorben ist. Morgenstern war skaten mit Freunden, hatte sich gelöffelt und verletzt, verbarrikadierte sich in seiner Wohnung, die immer auch Arbeitsplatz war, und war tagelang telefonisch nicht erreichbar. Nichts Ungewöhnliches für einen, der immer unterwegs, ein Getriebener war. Bis man ihn dann fand; Tod durch plötzlichen Herzstillstand, 50 die offizielle Verlautbarung. Mit carolea wird nun Morgensterns musikalisches Vermächtnis veröffentlicht – und zwar genau in dem Zustand, den er zu Lebzeiten noch erarbeiten konnte. Sechs der 13 Tracks sind unvollendet, was auf traurige Weise authentisch, aber als ganzer Soundbrocken vor allem eines ist: überraschend und abwechslungsreich. Morgenstern, der mit dem vorzüglich-kargen death before disko debütierte, hatte einen Wandel vollzogen. Weg vom minimalistischen Schab- und Schmirgel-Techno, hin zu allen Spielarten, mit denen man die elektrischen Wiesen mähen kann. „Persian Voodoo“ ist ein flotter Elektroclash und längst nicht der einzige Track, bei dem Morgenstern – wahlweise von Egmont Bandini und Gesa Schwietring – singen lässt; „They Told Us“ ist rhythmisch kniffliger Pop der schönversonnenen Sorte, „Holy“ bringt eine echte Gitarre echt nach vorn, dann Sphärensounds schwer durcheinander – und uns zu der Erkenntnis, dass ein Tod immer auch das Ende einer kleinen Welt ist.