Das Mädchenbuch
Wissenswertes über Japanerinnen, Klassensprecherinnen und Nachbarinnen.
Der Klappentext klingt zunächst wenig viel versprechend: Vom Alltag ist da die Rede, der bei aller „abgeklärten Kühle“ von einer „neoromantischen Sehnsucht“ durchzogen sei. Ist Sven Amtsberg also ein Vertreter der neuen Empfindsamkeit, ein zartes Pflänzchen, das an der Anonymität modernen Lebens literarisch leidet? Nein, ist er nicht. Vor zwei Jahren erhielt Amtsberg den Hamburger Förderpreis für Literatur. Ist er also ein junger Intellektueller und Welterklärer, am besten noch einer von der Sorte, die sich zwar suchend gibt, aber dennoch so tut, als wüsste sie schon alles? Auch nicht, dem Himmel sei Dank. Amtsberg ist vor allem eines: diszipliniert. Formal sind seine 62 Kurzgeschichten geprägt von einem stringenten Rhythmus, er schreibt kaum ein Wort zuviel und keines zuwenig. Das ist sauberes Handwerk, macht Spaß und sorgt schon einmal für Pluspunkte. Nur: Hat er auch was zu sagen? Er hat, selbst wenn der Opener „Abgeschnittene Haare“ ein denkbar schlechter Einstieg für das Mädchenbuch ist, wirkt er doch ein wenig bemüht und überstilisiert. Von Seite zu Seite kommt Amtsberg immer besser in Schwung, seine Stories überraschen auf einmal mit schwarzem Humor, eigenartigen Wendungen und allerlei Abgründen. Plötzlich stellt sich auch die „neoromantische Sehnsucht“ viel unprätentiöser als erwartet dar, denn hier ist kein selbst ernannter Frauenversteher am Werke, sondern ein lakonischer Nicht-Versteher – dem anderen Geschlecht stets wohlwollend und voller Neugier auf der Spur, aber in letzter Konsequenz dennoch reichlich ahnungslos. Aber so ist das wohl, wenn man vornehmlich damit beschäftigt ist, sich selbst zu verstehen, was ja mitunter schwierig genug sein kann. Wie dem auch sei: Das Mädchenbuch sollte erst der Anfang, ein Roman von Sven Amtsberg muss die logische Konsequenz sein.
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