Guano Apes :: Walking On A Thin Line
Die Göttinger laden wieder zum Rundlauf in ihre Crossover-Muckibude.
Eines muss Sandra Nasic der Neid ja lassen: Die Variationsfähigkeit und das schiere Volumen der Stimme der Guano Apes-Frontfrau sind bemerkenswert bis Respekt einflößend. Im einen Moment singt sie wie ein Glöckchen, im nächsten bellt sie übellaunige Quasi-Raps, im übernächsten brüllt sie einem die Ohren weg, dass man in keinen Schlappschuh mehr reinpasst – eine Röhre vorm Herrn, immer Druck drauf. Ob einem so was nun imponiert oder ganz enorm auf den Zeiger geht, muss dann freilich jeder für sich selbst wissen. Mit demselben muskelspielenden Malocher-Ansatz wie die Vokalisim kommt das ganze dritte Album der Göttinger („die Apes“, sagt man als Fan) daher: Das hier ist Hochleistungssportmusik, immer hart am Pumpen, aber emotional so vereinnahmend und inspirierend wie ein Zirkeltraining in der Muckibude nebenan. Von einer Band, die das ganze Trick-Repertoire von Crossover und Funkmetal und teutonischem Rockpathos abgespeichert hat und daraus mit antrainiertem Geschick Tracks zusammenwuchtet – immer zweifellos fett und effektvoll, aber nur selten wirklich pointiert oder gar packend. Die erste Hälfte von Walking On A Thin Line zeitigt da mit „You Can’t Stop Me“, „Dick“ (beide: bratz) und der, ähem, Powerballade „Quietly“ noch vergleichsweise Griffiges. In Hälfte zwei wird’s dann „ambitionierter“. Immer noch aufwändiger und breitbeimger kommen die Songs daher, bauen auf, bauen rum, noch ein Zwischenteil da, nochmal ein harter Stimmungswechsel von ruhigmelodisch zu lärmig-ratternd dort, hier noch eine funkmetalige Bassfigur, die achtundvierzigste durch neunundvierzig Kompressoren gedrückte Powerchord-Kaskade, bis der Onkel Doktor kommt, und wenn er dann da ist – husch! – eine kontemplative Synthie-Fläche rein, und baaaaam-rattattattatta! – geht’s wieder weiter, und irgendwann blickt dann keiner mehr durch, wo denn jetzt in dem ganzen Gebratze eigentlich der Song verschütt gegangen ist. Doch, wahrscheinlich ist das schon Melodic-Crossover-Rock-Erstliga-Niveau. Wenn nur diese ganze Sportart nicht so dröge wäre.
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