Deutsch Amerikanische Freundschaft – Fünfzehn neue DAF Lieder :: Verschwende deine Jugend

Als Fehlfarben vergangenes Jahr mit Knietief im Dispo zurückkehrten, soll sich Peter Hein über Journalisten ereifert haben, die gefragt hatten, ob denn die Wiedervereinigung einer Band wie Fehlfarben nicht genau das Gegenteil von Punk sei. Ein „Berufsverbot“, soll Hein gesagt haben, lasse er sich nicht auferlegen. Schön. Soll doch ruhig jeder machen, was er will. Bei der Beurteilung von Wiedervereinigungen von Punk/N(D)W-Bands geht es nämlich überhaupt nicht um Berufsverbote. Wer aber aus einer derart radikalen, polarisierenden und politisierten Szene kommt, die ja nicht zuletzt als Reaktion auf die unbeweglichen Rockdinosaurier der siebziger Jahre entstanden ist, und nach zwanzig Jahren wieder an die Öffentlichkeit geht, muss es sich gefallen lassen, an eigenen Standards, Werten und Aussagen (vulgo: dem Geschwätz von gestern) gemessen zu werden, um die Frage zu klären, ob er nicht mittlerweile selber zum Dinosaurier geworden ist. Jetzt haben sich also Gabi Delgado-Lopez und Robert Görl wieder zusammengefunden und Fünfzehn neue DAF Lieder eingespielt. Und die klingen wie die fünfzig alten DAF-Lieder von 1979 bis 1985. Nicht sehr viel schlechter als das Frühwerk, wesentlich besser als alles, was nach Gold und Liebe gekommen ist. Post-Industrial-Techno, in den Görls Erfahrungen als respektierter Techno-Solist auf dem Disko B-Label einfließen. Minimalismus, zwischen düsterem Elektro, Intelligent-Techno und Rammstein. Delgados Minimal-Lyrik („Ich bin tot. Das ist gut. Ich bin tot. Das ist gut „, „Zieh den Rock hoch… Ich seh alles… Mädchen, du bist wunderschön, Mädchen, ich kann alles sehen“, „Mädchen, ich bin so verliebt, ich kauf dir einen Satellit. Damit werf ich mein Liebesglück durch den Weltraum zu dir zurück“) erfüllte Erwartungen. Genau wie die Inhalte. Wer früher „den Adolf Hitler“ und „den Mussolini“ tanzen ließ, thematisiert auch heute mutmaßlich Provokantes und (vermeintliche) Tabus. „Rock hoch (Sexlied)“ spielt clever mit Kindesmissbrauch, ohne freilich den Vorwurf der Verherrlichung beweisbar zu machen. „Der Sheriff (anti-amerikanisches Lied)“ geht an George W. Bush. In „Kinderzimmer (Heldenlied)“ verrät Delgado, dass Ulrike Meinhoff und Andreas Baader die Superhelden seiner Kindheit waren. Also: Alles ist gut? Nein. DAF sind – ähnlich wie die Rolling Stones – Gefühlsverkäufer. Sie verkaufen an ihre Generation (heute 40- bis 45-Jährige, die 1981 noch den „Mussolini“ getanzt haben) das Gefühl, noch einmal jung zu sein, wecken Erinnerungen an Zeiten, in denen alles besser war. Weil ja für viele nach der verschwendeten Jugend die Ernüchterung des Erwachsenenlebens folgt.

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