Bill Wyman’s Rolling Stones Story – Bill Wyman mit Richard Havers

Musik-Archäologie de Luxe: Der Ex-Stone und leidenschaftliche Archivar entwickelt sich zum Guido Knapp des Rock’n’Roll.

Keine Fragen mehr – das dürfte der Kommentar des gemeinen Stones-Fans zu diesem Schinken sein. Lange war bekannt, dass Bill Wyman so ziemlich alles, was ihm in seinen 30 Jahren bei den Rolling Stones zum Thema in die Hände fiel, in den heimischen vier Wänden hortete. Jetzt legt er einen – wohl nur kleinen – Teil seiner Schätze in Bill Wyman’s Rolling Stones Story (5,5) vor. Ein prall-buntes Kompendium von Obskurem, Essenziellem, Überflüssigem und Überraschendem. Die üppige Fülle der abgebildeten Fotos, Dokumente und Memorabilia, darunter so selten Gesehenes wie die Original-Anzeige, die Brian Jones am 2. Mai 1962 zwecks Musikersuche im Londoner Musikermagazin „Jazz News“ platzierte (Wyman: „Die blaue Mauritius im Stones-Kosmos“) oder wenig Erforschtes wie den privaten Wagenpark der Band im Jahre 1966, kontrastieren Wyman und sein schreibender Partner Richard Havers mit jeder Menge gelegentlich ironisch kommentierter Anekdoten, eingestreuter Zitate und erhellender Zusatzinfos. Keine Frage, dieses liebevoll und luxuriös ausgestattete großformatige Hardcoverbuch steht in der Stones-Literatur absolut konkurrenzlos da. Der gelegentliche Hang zum Buchhalterischen in den Texten fällt da kaum negativ ins Gewicht. Gleiches gilt für Wymans zweite editorische Großtat, die umfang- und kenntnisreiche Dokumentation zum Thema Blues (5), die der Ex-Stone ebenfalls mit allerlei Pretiosen aus seinem Privatarchiv bestückt hat und die inzwischen mit dem „Keepin‘ The Blues Alive“-Award für Literatur ausgezeichnet wurde. Wyman erzählt die lange, wechselvolle und durchaus dramatische Geschichte jenes Stils, der wie nur wenig anderes die populäre Musik des letzten Jahrhunderts prägte; von den Ursprüngen in Afrika, den Baumwollplantagen des alten Südens, der schwarzen Migration in die Industriemetropolen, der kommerziellen Blütezeit in den Fünfzigern und dem Einfluss der Bluespioniere auf die jungen weißen Rockmusiker, zu denen der Autor schließlich selbst gehörte. Ein Standardwerk, gleichermaßen informativ wie prachtvoll in der Ausstattung. Während der Arbeit am Stones-Buch soll Wyman zu Co-Autor Havers gesagt haben: „Ich bin doch wirklich blöd, dass ich das alles aufhebe.“ Mitnichten, Mister Wyman, Sie sind unser bester Zeitzeuge!

Ernsl Hofacker www, dk.com. www.chnstian-verlaq.de Blues von Bill Wyman mit Richard Havers Christian Verlag. 400 Seiten, 49.90 £