T.Rex – 20th Century Superstar :: Der König des Glam
Marc Bolan – sensibler Pop-Poet, schillernder Rock-Star und visionärer Rock’n’Roll-Innovator-wurde zu Lebzeiten von der Kritik über Gebühr gescholten, nach seinem tragischen Unfalltod von selbst ernannten Nachlassverwaltern ausgebeutet und weit unter Wert verkauft. Über die Jahre hinweg wanderte das grob in zwei Phasen zu unterteilende OEuvre (1964 bis ’71 und 1972 bis 77) von Plattenfirma zu Plattenfirma, blieb kein noch so unwichtiges Steinchen unumgedreht – von nachträglich bearbeiteten Aufnahmesessions, kruden Hitkopplungen und von Fälschungen ganz zu schweigen. Erst in den vergangenen drei, vier Jahren scheint in der Aufbereitung des Bolan-Outputs Ruhe eingekehrt zu sein, erschienen Original-Alben und Raritäten-Kollektionen in koordinierter Form. Doch eine Label-übergreifende Anthologie, die Bolans musikalisches Erbe chronologisch präsentiert, gab es bislang nicht. Zum 55. Geburtstag und 25. Todestag des selbst heute noch von Besserwissern und Neunmalklugen belächelten Multitalents ist es endlich so weit: Mit dem 4-CD-Luxusbox-Set 2OTH CENTURY SUPERSTAR gelang es erstmals, einen Gesamtüberblick über Bolans diverse Schaffensperioden zusammenzustellen – mit insgesamt 108 Tracks, inklusive sämtlicher Charthits, rarer Single-B-Seiten, essenzieller Albentracks sowie Konzert- und Radio-Performances. Unter Mithilfe von Langzeit-Produzent Tony Visconti wurden gar zahlreiche unveröffentlichte, längst verschollen geglaubte Archivschätze der Ära 1964-71 gehoben. Im mit seltenem Fotomaterial fast schon überladenen Booklet steuert Visconti ein Essay und Bolan-Biograf Mark Paytress die Sleeve Notes bei.
Speziell die beiden ersten CDs der Box lassen nicht nur die Herzen der Aficionados höher schlagen: Hier finden sich nicht nur sämtliche frühen Bolan-Singles inklusive der B-Seiten (u.a. „The Wizard“, „TheThird Degree“, „Hippy Gumbo“], sondern auch die beiden ultrararen, noch unter dem Namen Toby Tyler eingespielten Dylan-Impressionen „The Road I’m On [Gloria]“ und „Blowin‘ In The Wind“. Gleich mit drei Auszügen gewürdigt ist Marcs Zwischenspiel bei John’s Children. Aus Tony Viscontis Endlager wiederum stammen die fünf teils von ihm selbst, teils von Pink Floyd-Entdecker Joe Boyd im Winter 67/’68 produzierten Demos „Puckish Pan“, „Highways“, „Lunacy’s Back“, „Child Star“ und „Chateau In Virginia Waters‘. Ebenfalls ungehört blieben bislang das PROPHETS, SEERS & SAGES-Outtake „Nickelodeon“, das UNI-CORN-Überbleibsel „I’ll Starred Man“ und eine von Steve „Peregrine“ Took interpretierte Fassung von „Do You Remember“, Flipside der ersten elektrischen Tyrannosaurus Rex-Single „King Of The Rumbling Spires “ [’69). Erstaunlich dabei, dass Tyrannosaurus Rex, in den meisten Bolan-Biografien nur als eine Work-In-Progress-Phase auf dem Weg zum Starruhm und Massenappeal abgehandelt, relativ viel Platz eingeräumt wird.
Als einem der wenigen damaligen Künstler gelang es Marc, der dem Untergang geweihten Lebensphilosophie der Blumenkinder durch eine unvergleichliche Metamorphose zu entsagen und sich als ambitionierter Show-Man völlig neu zu definieren. In den vor allem durch Hedonismus geprägten frühen siebziger Jahren begann er mit einer Rückbesinnung auf die Werte der Rock’n’Roll-Ära – simple Rockriffs, kernige Ohrwürmer, verführerisch verpackt in Sex, Style und Glamour. Der ebenfalls üppig geratene Song-Auszug der Übergangsperiode präsentiert sich noch ganz im feinsinnig-poetischen Hippie-Outfit. In puncto Novitäten wird auch das ab Ende 1970 kommerziell lohnende Kapitel T. Rex spannend abgehandelt: Die Durchbruchs-45er „Ride A White Swan‘ kommt ebenso im exzessiven Monitor Mix mit Studiogeplauder und verlängertem Fade-Out wie die erste europaweite Nummer 1 „Hot Love“, das nur auf der englischen EP-B-Seite vertretene „The King Of The Mountain Cometh“ sowie das treibend-hypnotische „Mambo Sun“ und das jazzige „Rip Off“, beides Kerntracks des ELECTRIC WARRIOR-Albums.
Weniger Essenzielles gibt es auf Disc 3 und 4 zu entdecken: Abgesehen von der BBC-Session-Fassung des ursprünglich als Nachfolge-Single zu „Get It On“ geplanten „Sailors Of The Highway“ blieben noch die „Xmas Flexi Message 1972“, ein vom britischen T. Rex-Fanclub an die Mitgliederversandtes Dankeschön, der Rough Mix von „Solid Gold Easy Action“, das Marc Bolan/Gloria Jones-Duett „To Know You Is To Love You “ sowie die unter dem Pseudonym Big Carrot veröffentlichte Funk-Soul-Produktion „Blackjack“ und das erst vor wenigen Jahren ausgegrabene „City Port“ mit T. Rex-Chorsängerin Pat Hall zu nennen. Der Rest der 46 Tracks birgt immerhin den einen oder anderen Alternate Take hinlänglich bekannter Singles und Albentracks aus jener Phase. Vom Multimillionenseller THE SLIDER – die Rextasy war auf dem Höhepunkt – stammt die Ballade „Spaceball Ricochet“. Noch einmal zur alten Form lief der nunmehr körperlich abgespeckte Ex-Teeniestar kurz vor seinem Tod auf. Solide Rocker wie „Teen Riot Structure“ und „Celebrate Summer“ flirten heftig mit der Ästhetik des Punk, der Chartrenner „I Love To Boogie“ adaptiert kongenial Fifties-Rockabilly, und im majestätischen „Dandy In The Underworld‘ gibt Marc Bolan gar intime Details „….exalted companion on cocaine nights…“ ) aus seinem geheimen Tagebuch preis.
www.8ung.at/bolan/
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