Joe Zawinul – Faces & Places

Er muss keinem mehr etwas beweisen, ist von keinerlei Zeitgeist-Tendenzen abhängig und kann deshalb künstlerisch tun und lassen, was er will: Joe Zawinul, in den Glanztagen des Sechziger-Souljazz Tastenmann im damals unschlagbaren Cannonball Adderley Sextet, Komponist des Superstandards „Mercy, Mercy, Mercy“, später Miles Davis‚ vielleicht wichtigster Mitstreiter in der frühen elektrischen Phase [IN A SILENT WAY, BITCHES BREW), und schließlich Gründungsmitglied der Fusion-Supergroup Weather Report. Mit zwei Handvoll hochvirtuoser Musiker aus den USA, Südamerika und Afrika, darunter auch einstige Weather Report-Mitstreiter wie Victor Bailey, Manolo Badrena oder Alex Acuna, stellt der 70-jährige Tastenteufel seine persönliche Vision einer „neuen Tanzmusik“ auf die Beine: Serviert bekommt der Hörer eine stellenweise unglaublich dichte Synthese aus Jazz-, Funk- und Afro-Elementen, die auf zum Teil wirklich aufregenden Bass- und Schlagzeug-Grooves basiert, mit furiosen Bläsersätzen beeindruckt und mit erfrischenden Gesängen in afrikanischen Idiomen überrascht. Manchmal powert die vielköpfige und -händige Groove-Maschine fast schon zu gut geölt über den Hörer hinweg, und Minuspunkte gibt’s für die klebrige Smooth-Jazz-Ballade „Familiar To Me“, die in diesem Kontext atemberaubend deplatziert wirkt.

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