Ziggy Hero :: Roman ohne Held

William Kid Glover sitzt auf dem Sozialamt und müht sich leidlich mit dem Ausfüllen eines Antragsformulars. Die passende Gelegenheit für ihn, seine Vergangenheit Revue passieren zu lassen und zu rekapitulieren, was ihn eigentlich in diese missliche Lage gebracht hat. Was folgt, ist ein sprunghafter, skizzenartiger Abriss seiner Jugenderlebnisse in den 8oer Jahren zwischen englischer Tristesse, Drogenexzessen, Schlägereien, schrägen Vögeln und, vorsichtig formuliert: sozialen Schwierigkeiten. Hauptfigur seiner Memoiren ist Ziggy Low, der sich als David Bowie-lmitator versucht und davon träumt, bei einer Schlägerei ein Veilchen verpasst zu bekommen, um anschließend sehbehindert, aber dafür mit fotogen vergrößerter Pupille wie sein großes Vorbild durchs Leben zu gehen. Keine schlechte Idee. Keine gute Idee allerdings, mit diesem etwas dürren Handlungsstrang ein ganzes Buch bestreiten zu wollen. Innerhalb kurzer Zeit geht einem Ziggy Hero nämlich gewaltig auf die Nerven. Die endlose Aneinanderreihung von Schlägereien, Drogengeschichten und Teewasser-Aufsetz-Gedöhns sowie oft nur angerissenen Situationsschilderungen verbreitet Unruhe wie ein zu schnell geschnittener Videoclip: Um nicht den Faden zu verlieren, muss man mehr als einmal zurückblättern. Irgendwann verlässt einen schließlich die Lust, Dauer-Loser Kid Glover bei seiner 95.Tasse Tee beizustehen. Die interessanteste Figur bleibt Ziggy Low, der allerdings eher durch Abwesenheit glänzt und erst gegen Ende, geläutert und mittlerweile im Anzug, noch einmal einen großen Auftritt in einer Transen-Bar hinlegen darf. Als Kurzgeschichte könnte Ziggy Hero durchaus funktionieren, in Romanform aber bleibt nur ein schaler Nachgeschmack von bemühter Artsy-fartsy-Literatur- daran kann auch die per Banderole auf dem Einband verkündete Begeisterung von Pulps Jarvis Cocker nichts ändern.

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