Faithless: Hamburg, CCH :: Tanzmusik

Hamburg im Herbst. Kalt, dunkel, grau. Eigentlich wie immer. Hamburg – die Stadt ohne Jahreszeiten. Nicht mal Karneval feiern die. Und sich selbst können die Hamburger nur auf St. Pauli feiern -wenn der FC verliert. Aber es gibt versteckte Orte, mystische Ecken, an denen man Hamburger nicht von Münchnern, Berlinern oder gar Londonern unterscheiden kann. Bei Clubkonzerten zum Beispiel, da gehen sie aus sich raus. Oder wenn Bands wie Faithless kommen – da feiert der Hamburger dann überall, sogar im Congress Centrum, dieser furchtbaren Bausünde, die an Schulzeit und Tanzball erinnert.

Stichwort Tanzball – schon find wir mittendrin. Schließlich sind wir alle zum Tanzen gekommen. Den Anfang machen Kosheen, wie Faithless ebenfalls aus Großbritannien. Und wer es als Support schafft, dass ihm Hände entgegengereckt werden, kann so schlecht nicht sein. Doch die Menge wartet. Und im gleißenden Scheinwerferkegel steht dann dieser entsetzlich dünne Mann, der sich Maxi Jazz nennt und singt, als wolle er mit seiner Stimme fehlendes Körpervolumen wettmachen. Sister Bliss ist ebenfalls da, Rollo Armstrong, der Dritte im Bunde, natürlich nicht. Das musikalische Schwergewicht, der Faithless-Macher, scheut die Bühne, ist selten bei Konzerten zusehen.

Live ist der dünne Maxi der Frontmann – und da steht er nun und heißt Hamburg willkommen. Seine Stimme donnert durch den Saal, die Soundgebilde der Band hinterher, Lichter zucken, Videosequenzen flimmern auf der Leinwand. Faithless schaffen es mit wenigen ihrer operettenartigen Tanzsongs, Stimmung im sterilen CCH 3 zu schaffen. Da wird gelacht, geschrien und mitgesungen – und bei den Faithless-Hits“Salva Mea“, „Insomnia“ und „God Is A DJ“ kollektiver Pogo getanzt. Der Mann da oben mit seinem schwarzen Jacket und dem T-Shirt drunter sieht aus wie ein Priester, ein Zeremonienmeister, und gut 2.000 Menschen hängen an seinen Lippen, wenn er ausruft: „Tonight this is my church!“ Schon peitscht die nächste Salve durch die Halle. Faithless sind eine routinierte, vielleicht schon etwas zu routinierte Band, die um die Macht ihrer Tanzbodenfüller weiß. Etwas über eine Stunde führen sie ihr tanzwilliges Publikum durch einen Querschnitt ihrer drei Alben, dann ist Schluss. Raum für große Spontanitäten bietet ein Clubkonzert anno 2001 leider nicht. Nicht mehr.

www.faithless.co.uk