The Who – Live At Leeds Deluxe Edition :: Rock

Die späten sechziger Jahre, eine Ära des Umschwungs, waren auch für The Who keine Zeit des Zuckerschleckens. Beinahe hätte sich das Londoner Quartett Mitte 1968getrennt-Unstimmigkeiten in der Band, das geringe Interesse an der genialen Radio-Persiflage THE WHO SELL OUT, diverse gefloppte Singles („Call Me Lightning“, „Dogs“) und ein von Grund auf verändertes musikalisches Umfeld wiesen in eine nicht gerade verheißungsvolle Zukunft. Zum Glück fiel Pete Townshend das ambitionierte TOMMY-Opus ein. In dieser Periode ließ der Who-Chef Dutzende Konzerte während der US-Tour 1969 mitschneiden. Unzufrieden mit den Resultaten, veröffentlichten The Who am 3. Mai 1970 schließlich das wie ein Bootleg aufgemachte Livealbum der gerade beendeten England-Tournee. Entgegen vorausgehender Ankündigungen in diversen Musikfachblättern entpuppte sich das am Valentinstag 1970 aufgezeichnete Live At Leeds allerdings als ein nur mit sechs Tracks (u.a.“Young Man Blues“, „Shakin‘ All Over“,“Summertime Blues“, „Magic Bus“) bestücktes Einzelalbum. Obwohl sich nur etwa ein Drittel der Who-Show auf Vinyl fand, entwickelte sich das Album zum Verkaufshit, präsentierte es doch einen zum Hard- und Heavyrock hin veränderten Sound, der wunderbar den Zeitgeist widerspiegelte. Klassiker wie „I Can’t Explain“, „HappyJack“, „I’m A Boy“, „Tattoo“, die Mini-Suite „A Quick One While He’s Away“ in neuen Arrangements sowie das frisch komponierte „Heaven And Hell“, „Amazing Journey/Sparks“aus TOMMY und der R ’n‘ B-Standard „Fortune Teller“ erschienen erst 25 Jahre später als Bonus-Teil der ’95er-Edition von Live At Leeds. Für die „Deluxe Edition“ grub Who-Spezialist Jon Astley nun noch den Rest, einen knapp einstündigen TOMMY-Auszug, aus den Archiven aus. Roger Daltreys optimal eingetunte Stimme füllte selbst ohne Mikro ganze Konzerthallen aus. Townshends Riff-Attacken zündeten wie präzise Bombardements, Keith Moons wuchtiger Drumstil und John Entwistles Bass-Tiefschläge ließen sogar Metal-Koryphäen wie Led Zeppelin und Deep Purple alt aussehen. Chris Charlesworths wie üblich detaillierte Inforecherche für das 30-seitige Booklet mit Anekdoten, Track-by-track-Bewertungen, alten Zeitungsausschnitten und raren Fotos dürfte den Who-Fans Tränen in die Augen treiben.

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